Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Anerkennung einer Berufskrankheit für einen nicht unter deutscher Flagge gefahrenen Seeschiffer

 

Orientierungssatz

1. Zur Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) durch den Unfallversicherungsträger ist nach §§ 9 SGB 7, 3 SGB 4 u. a. erforderlich, dass der Betroffene im Zeitraum der Entstehung der BK in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung versichert war.

2. Liegt der Beschäftigungsort des Betroffenen, § 9 SGB 4, im Ausland, so wird er grundsätzlich nicht von den Vorschriften über die Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung erfasst. War er auf einem Seeschiff beschäftigt, welches nicht berechtigt war, die Bundesflagge zu führen, so ist er nicht in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung versichert, § 13 Abs. 2 SGB 4.

3. Hat der Geschädigte seinen Wohnsitz nicht in Deutschland gehabt, so ist eine Einbeziehung auf Antrag des Reeders nach § 2 Abs. 3 SGB 4 ausgeschlossen.

4. Ist für die Zeit nach Beendigung der Entsendung eine Weiterbeschäftigung beim entsendenden Arbeitgeber im Inland nicht gewährleistet, so sind auch die Voraussetzungen für eine Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB 4 nicht gegeben (BSG Urteil vom 17. 12. 2015, B 2 U 1/14 R).

 

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Malariaerkrankung als Berufskrankheit nach der Nr. 3104 der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - „Tropenkrankheiten, Fleckfieber“.

Der am xxxxx 1945 in P. geborene und dort lebende Kläger war als Kapitän tätig und litt an einer Malariaerkrankung. Mit Schreiben des Bevollmächtigten vom 11. Juli 2017 erhielt die Beklagte Kenntnis davon, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Kapitän für die deutsche Reederei M. auf dem Schiff A. ab dem 5. Dezember 2010 für ca. 4 bis 5 Monate tätig gewesen war. Das Schiff war seit dem 21. April 2010 ausgeflaggt und fuhr unter der Flagge der Republik L.. Im Arbeitsvertrag des Klägers ist als Arbeitgeber die M. in H., Deutschland ausgewiesen.

Am 25. März 2011 erkrankte der Kläger an Malaria und wurde im Krankenhaus in M1 in der Republik L. bis zum 27. März 2011 behandelt.

Eine Beitragsabführung für den Kläger zur deutschen gesetzlichen Sozialversicherung konnte die Beklagte nicht ermitteln. Die Deutsche Rentenversicherung K. teilte mit, dass für den Kläger keine Beiträge dorthin abgeführt worden seien. Ebenso wurden keine Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für den Kläger gezahlt. Der Arbeitgeber teilte entsprechend ebenfalls mit, dass keine Beiträge an die gesetzliche Unfall- oder Krankenversicherung abgeführt worden seien.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage 1 zur BKV mit der Begründung ab, der Kläger gehöre nicht zum Kreis der versicherten Personen. Das Schiff sei seit dem 21. April 2010 befristet ausgeflaggt gewesen und unter der Flagge der Republik L. gefahren. Es seien keine Beiträge zur Deutschen Rentenversicherung K. und auch keine Beiträge an die Beklagte abgeführt worden. Dies habe der Arbeitgeber bestätigt.

Der Kläger legte hiergegen am 14. März 2018 Widerspruch ein. Sein Arbeitgeber sei verpflichtet gewesen, ihn auch gegen Berufskrankheiten zu versichern. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2018 zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid folgte der Begründung des Ausgangsbescheids.

Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2018, eingegangen beim Beklagten am 7. Januar 2019, hat der Kläger bei der Beklagten Klage gegen die Beklagte und die M. gegen den ihm am 15. Oktober 2018 zugestellten Widerspruchsbescheid erhoben. Die Beklagte hat die Klage am 9. September 2019 an das Sozialgericht weitergeleitet. Der Kläger hat vorgetragen, dass die Reederei verpflichtet gewesen wäre, den Kläger gegen Versicherungsfälle bei der Beklagten zu versichern.

Das Sozialgericht hat die Klage gegen die Beklagte nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 9. Juli 2020 abgewiesen. Der Kläger leide zwar an der Tropenkrankheit Malaria, aber er sei im Zeitraum der Infektion nicht in der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen. Es seien für den Kläger weder Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden noch ergebe sich die Versicherteneigenschaft über die Vorschriften der Ein- oder Ausstrahlung nach §§ 3 ff. des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV). In § 3 SGB IV (Persönlicher und räumlicher Geltungsbereich) sei geregelt: Die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten, 1. soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, für alle Personen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs beschäftigt oder selbständig tätig sind, 2. soweit sie eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit nicht voraussetzen, für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder g...

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