Entscheidungsstichwort (Thema)
Fälligkeit und Berechnung des Nachversicherungsbeitragsanspruchs des Rentenversicherungsträgers
Orientierungssatz
Die Höhe des Nachversicherungsbeitragsanspruchs bestimmt sich nach den Rechengrößen, nach denen sich im Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlung, dh der Wertstellung des Gegenwerts der Beiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers, der Beitrag des versicherungspflichtigen Beschäftigten berechnet und nicht nach den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge geltenden Rechengrößen (Entgegen BSG vom 20.12.2001 - B 4 RA 38/01 R = SozR 3-2600 § 181 Nr 1).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 9. Juli 2009 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die Revision wird zugelassen. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.272,07 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten zur teilweisen Rückzahlung von Nachversicherungsbeiträgen.
Der am XX.XXXX 1957 geborene Beigeladene war vom 1. Oktober 1978 bis zum 31. August 2000 bei der Klägerin im Beamtenverhältnis versicherungsfrei beschäftigt; seit September 1995 war er ohne Fortzahlung der Bezüge beurlaubt. Im März 2002 führte die Klägerin im Hinblick auf sein unversorgtes Ausscheiden aus dem Dienst seine Nachversicherung bei der Beklagten durch und entrichtete Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 102.477,79 EUR auf der Grundlage zu verbeitragender Entgelte in Höhe von 536.532,92 EUR (1.049.376,19 DM) und des für 2002 maßgebenden Beitragssatzes in der gesetzliche Rentenversicherung in Höhe von 19,1 v. H.
Am 30. Oktober 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die teilweise Rückzahlung der Nachversicherungsbeiträge in Höhe eines Betrages von 1.272,07 EUR. Sie machte geltend, im Jahre 2002 die Nachversicherungsbeiträge irrtümlich mit den für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen - dem Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie den für die Berechnung der zu verbeitragenden Entgelte maßgebenden Dynamisierungsfaktoren - berechnet zu haben. Richtigerweise wäre die Nachversicherungsschuld mit den im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge, d. h. der im Jahre 2000 geltenden Rechengrößen zu berechnen gewesen. Dies würde eine um den geltend gemachten Erstattungsbetrag niedrigere Beitragsschuld ergeben haben. Die Klägerin berief sich dabei auf die Auslegung des § 181 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der bis zum 31. Juli 2004 geltenden (alten) Fassung des Rentenreformgesetzes (RRG) 1992 (a. F.) durch den 4. Senat des Bundessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 2001 zum Aktenzeichen B 4 RA 38/01 R. Demnach seien bei der Berechnung der Nachversicherungsbeiträge entgegen der herrschenden Meinung nicht die im Zeitpunkt ihrer Zahlung - der Wertstellung - geltenden Rechengrößen zu verwenden sondern die im Zeitpunkt der Fälligkeit maßgebenden. Der in § 181 Abs. 1 SGB VI a. F. bei der Bezeichnung des maßgeblichen Zeitpunkt verwendete Begriff der Zahlung (der Nachversicherungsbeiträge) sei normativ, nicht faktisch zu verstehen. Der systematische Zusammenhang zu den §§ 184 Abs. 1 und 185 Abs. 2 S. 1 SGB VI sowie Sinn und Zweck der Nachversicherung geböten, dass nicht auf irgendeinen beliebigen Zahlungszeitpunkt abgestellt werde, sondern ausschließlich auf den der Fälligkeit des Beitragsanspruchs, also auf den Tag, an dem der Rentenversicherungsträger die sofortige Zahlung der Beiträge von Schuldner verlangen könne.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 20. Februar 2007 ab. Sie führte aus, die Klägerin habe die Nachversicherungsbeiträge im Jahre 2002 zutreffend auf der Grundlage der für jenes Jahr maßgebenden Rechengrößen berechnet. Sie berufe sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts. Diese entspreche nicht dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Gemäß § 181 Abs. 1 S. 1 SGB VI erfolge die Berechnung der Nachversicherungsbeiträge nach den Vorschriften, die zum Zeitpunkt der Zahlung der Beiträge gelten würden. Es sei herrschende Meinung, dass der Zeitpunkt der Zahlung im Sinne dieser Vorschrift auch für die vor dem 1. August 2004 gezahlten Nachversicherungsbeiträge der Tag der Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers sei. Mit der Einfügung des Satzes 2 in § 181 Abs. 1 SGB VI ab dem 1. August 2004, demzufolge als Zeitpunkt der Zahlung der Tag der Wertstellung des Gegenwertes der Beiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers gelte, habe der Gesetzgeber diese Auslegung lediglich bestätigt und hierdurch die davor geübte Praxis der Rentenversicherungsträger im Sinne einer rechtlichen Klarstellung untermauert.
In dem daraufhin vor dem Sozialgericht Hamburg anhängig gemachten Klageverfahren hat die Klägerin ihr Begehren mit im Wesentlichen unveränderter Begründung unter Bezugnahme auf die Argumentation des Bundes...