Entscheidungsstichwort (Thema)
Förderung der beruflichen Rehabilitation. Hochschulstudium
Orientierungssatz
Ein Anspruch auf berufsfördernde Leistungen steht nicht zu, wenn sich zurückschauend jedenfalls nicht feststellen lässt, dass es zumutbare Bildungsmaßnahmen außerhalb des Hochschulbereichs für den Behinderten im Zeitpunkt seines Studienbeginns nicht gab. Damit ist auch nicht feststellbar, dass die Aussichten auf eine vollständige und dauerhafte Eingliederung nur durch ein Studium wesentlich verbessert werden konnten.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Kläger berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation für ein Studium an der Universität H. zu gewähren hat.
Der 1966 geborene Kläger besuchte bis 1983 die Realschule. Von 1989 bis 1991 erlernte er den Beruf eines Speditionskaufmanns. Das Versorgungsamt Hamburg (Bescheid vom 5. November 1991) stellte bei ihm eine Schwerhörigkeit beiderseits und einen Grad der Behinderung von 50 fest.
Seit April 1993 studierte der Kläger an der Universität H. im Fachbereich Erziehungswissenschaften, Studiengang Sonderlehramt für Schwerhörige und Gehörlose. Nach 13 Semestern meldete er sich im Sommer 1999 zum Staatsexamen. Bis dahin erhielt er Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (BAföG), die nach seiner Darlegung in Höhe von 700,-- DM monatlich gezahlt wurden. Im Juni 2000 bestand er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Sonderschulen.
Im Mai 1996 hatte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung einer Umschulungsmaßnahme als berufliche Rehabilitation beantragt, da er auf Grund seiner Hörschädigung nicht mehr in der Lage sei, seinen erlernten Beruf als Speditionskaufmann auszuüben. Im Januar 1997 stellte er einen Rehabilitationsantrag auch bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, die den Antrag an die Beklagte abgab, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfüllt seien. Die Beklagte holte ein ärztliches Gutachten vom August 1997 ein, in dem ausgeführt wurde, dass der Kläger keine Tätigkeiten mehr verrichten könne, bei denen ein gutes Hörvermögen notwendig sei, telefoniert oder in Großraumbüros gearbeitet werden müsse. Hierauf erteilte die Beklagte dem Kläger den Bescheid vom 10. September 1997, in dem sie ausführte, dass bei ihm Behinderungsauswirkungen vorlägen, die Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation grundsätzlich begründet erscheinen ließen, so dass dem Antrag dem Grunde nach stattgegeben werde. Eine Förderung des seit 1993 laufenden Studiums sei jedoch nicht möglich. Der Kläger erhob Widerspruch, den die Beklagte als unbegründet zurückwies. Im Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 1998 führte sie aus: Ein Studium könne nur dann im Rahmen der beruflichen Rehabilitation gefördert werden, wenn unter Berücksichtigung von Art und Schwere der Behinderung nur auf diese Art und Weise die Aussichten auf eine vollständige und dauerhafte Eingliederung des Behinderten wesentlich verbessert würden. Ferner würden Leistungen für eine berufliche Umschulung in der Regel nur gewährt, wenn die Maßnahme bei ganztägigem Unterricht nicht länger als zwei Jahre dauere, es sei denn, dass eine Eingliederung nur durch eine längerdauernde Maßnahme erreicht werden könne oder die Eingliederungsaussichten nur durch eine längerandauernde Maßnahme wesentlich verbessert würden. Im vorliegenden Falle rechtfertigten Art und Schwere der Behinderung kein Studium. Den gesundheitlichen Störungen könne hinreichend durch Umschulungsmaßnahmen, die die Höchstdauer von zwei Jahren nicht überschritten, Rechnung getragen werden.
Der Kläger hat am 26. Januar 1998 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat insbesondere ausgeführt, dass die Beklagte nicht dargelegt habe, welche Alternativen (zum Studium) für ihn überhaupt möglich seien; insoweit habe die Beklagte ihn auch nicht ordnungsgemäß beraten. Die Beklagte hat erwidert, dass für den Kläger grundsätzlich Berufe der Datenverarbeitung, Informatik, sowie zeichentechnische und elektrotechnische Berufe, in Teilbereichen auch Berufe des Gesundheitswesens und handwerkliche Berufe in Betracht kämen. Eine ganz konkrete Aufstellung könne jedoch mangels durchgeführter weiterer Eignungsabklärungen nicht erfolgen. Der Kläger sei auch nicht falsch beraten worden; sie habe ihm genügende - von ihm dann nicht mehr wahrgenommene -Beratungsangebote gemacht. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. Januar 1999 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Beklagte habe den Förderungsantrag des Klägers zu Recht abgelehnt. Ein Ermessensfehler liege nicht vor. Das Studium sei keine Maßnahme, die auf die Behinderung des Klägers zugeschnitten sei; es sei keine Maßnahme für Hörgeschädigte. Hätte er beim Studienbeginn im Jahre 1993 einen Förderungsantrag bei der Beklagten gestellt, so hätte diese ihm unter Berücksi...