Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Hilfebedürftigen auf Bewilligung zusätzlicher, über den Regelbedarf hinausgehender, Leistungen
Orientierungssatz
1. Nach der Härtefallregelung des § 21 Abs. 6 SGB 2 können einem Leistungsberechtigten des SGB 2 bestimmte Mehrleistungen über den Regelbedarf hinaus gewährt werden.
2. Die Bewilligung setzt einen unabweisbaren, d. h. einen erheblich von einem durchschnittlichen abweichenden Bedarf voraus. Insoweit ist erforderlich, dass der geltend gemachte Mehrbedarf den einschlägigen Ansatz für den Regelbedarf in den jeweiligen Abteilungen nennenswert überschreitet.
3. Eine Übernahme von Beiträgen zur Rechtsschutzversicherung ist nach § 21 Abs. 6 SGB 2 ausgeschlossen. Finanziell Bedürftige können eine Rechtsberatung durch die Öffentliche Rechtsauskunft in Anspruch nehmen. Für die Führung von Prozessen mit hinreichender Erfolgsaussicht erhält der Bedürftige Prozesskostenhilfe.
4. Für Beiträge zur Hausratversicherung besteht kein unabweisbarer Bedarf. Bei Verlust seines Hausrats durch besondere Ereignisse wie Feuer, Leitungswasseraustritt, Sturm, Hagel, Einbruchdiebstahl, Raub und Vandalismus besitzt der Hilfebedürftige einen Anspruch auf eine neue Erstausstattung.
Normenkette
SGB II § 21 Abs. 6
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung von zusätzlichen über den Regelbedarf hinausgehenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2010.
Der 1961 geborene alleinstehende Kläger ist seit längerem hilfebedürftig und bezieht laufend Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. In dem betreffenden Zeitraum im zweiten Halbjahr 2010 war er erwerbsfähig und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Der 1961 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Beklagten. Für das zweite Halbjahr 2010 bewilligte ihm der Beklagte Grundsicherungsleistungen - zuletzt mit Änderungsbescheid vom 7. April 2010 - zur Sicherung seines Lebensunterhalts in Höhe von 359 EUR und für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 431,23 EUR.
Am 5. August 2010 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen für den Kauf von Salben zur Behandlung von Neurodermitis (13,80 EUR monatlich), von Kosten für Brausetabletten gegen Schmerzen und schmerzlindernde Salben (17,80 EUR vierteljährlich), von Kosten für zehn Brillengläser (660 EUR jährlich), von Kosten für die einseitige Kürzung der Hosenbeine (10 EUR monatlich) und für die Umarbeitung von Bekleidung (30 EUR monatlich) sowie für Beiträge zur Rechtsschutzversicherung für Mietsachen und zur Hausratversicherung und für Beiträge für die Mitgliedschaft im S.-Verband D., in der Gewerkschaft, in den Vereinen M. e.V., Landesarbeitsgemeinschaft E. e.V., M1 e.V., E. e.V. und den Verein F. (insgesamt 64,22 EUR monatlich) und schließlich für die Anschaffung von Fachliteratur (monatlich 31,94 EUR).
Zur Begründung seines Antrages führte er im Wesentlichen aus, dass es sich bei den Salben etc. um nichtverschreibungspflichtige Heil- und Arzneimittel handele. Eine Neurodermitis sei bei ihm erstmals im Frühjahr 2009 ärztlich festgestellt worden. Zu den Glieder- und Rückenschmerzen, die er mit Tabletten und Salben behandle, lägen der Beklagten ärztliche Untersuchungsberichte vor wie auch zu seiner Sehbehinderung, wegen derer er Brillen benötige, und zu seiner Beinverkürzung links um 1,5 cm, die eine einseitige Kürzung der Hosenbeine erforderlich mache. Die Übernahme der Versicherungsbeiträge sowie der Beiträge zu Vereinen, Partei- und Gewerkschaft sei erforderlich, weil dies zur Führung eines menschenwürdigen Lebens gehöre. Nur auf diese Weise sei eine Teilhabe am Gesellschaftsleben möglich.
Diese Anträge lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2010 mit dem Hinweis auf die im SGB II pauschalierten Regelbedarfe ab, durch die die von dem Kläger vorgebrachten Bedarfe bereits abgedeckt seien.
Hiergegen legte der Kläger am 13. August 2010 Widerspruch ein. Den Rechtsbehelf begründete er damit, dass nicht akzeptabel sei, wenn nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) immer mehr Leistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen gestrichen würden, ohne anschließend sicherzustellen, dass Bezieher von Transferleistungen diese nach dem SGB II noch erhalten könnten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2010 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass die im gewährten Regelleistungen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bereits Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben umfassten. Die Regelleistungen seien im Übrigen höher als die Beträge, die zur Deckung des aktuellen Bedarfs benö...