Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. Nachweis. Ursache-Wirkungsbeziehung. aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisstand. Achillessehnenruptur. Vorliegen eines Störfaktors: ruckartige Bewegung bzw unkoordinierte Krafteinwirkung. Anschieben eines Autos
Orientierungssatz
Zum aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand bzw der Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets (vgl BSG vom 24.7.2020 - B 2 U 9/11 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 44), zur Kausalitätsbeurteilung eines voraussichtlichen Achillessehnenschadens.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen eines Arbeitsunfalls.
Der 1944 geborene Kläger ist als Einzelunternehmer Inhaber einer Kfz-Werkstatt und als solcher bei der Beklagten freiwillig gesetzlich unfallversichert. Am 20. November 2015 schob er im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit ein Fahrzeug („Zwölfzylinder Jaguar“) vorwärts, als er ein Geräusch hörte und einen Schmerz im linken Fuß verspürte. Da er seinen Fuß nicht mehr bewegen konnte, ließ er sich in die S. Klinik fahren, wo nach Durchführung einer Sonografie eine Achillessehnenruptur links diagnostiziert wurde. Im Durchgangsarztbericht der Klinik wurde der Unfallhergang wie folgt geschildert: Beim Schieben eines Fahrzeugs verletzt. Er habe einen Knall gehört.
Vom 23. bis 26. November 2015 wurde der Kläger in der S. Klinik stationär behandelt. In dem Operationsbericht vom 23. November 2015 hieß es u.a., die linke Achillessehne sei etwas oberhalb auf der Taille rupturiert und längs aufgesplissen. Der histologische Befund wurde vom Universitätsklinikum dahingehend kommentiert, dass es sich am ehesten um eine nicht mehr ganz frische Ruptur handeln dürfte und dass am vorliegenden Material kein Hinweis auf signifikante Texturstörung des Sehnengewebes ersichtlich sei.
Um eine ausführliche Schilderung des Unfallereignisses gebeten, gab der Kläger in dem Fragebogen der Beklagten zum Unfallhergang und zu Zeugen unter dem 14. Dezember 2015 an, er sei allein gewesen. Beim Vorwärtsschieben des Fahrzeugs, das sich partout nicht habe bewegen wollen, habe er sich mit voller Kraft und Zorn mit dem linken Bein abgestützt und gedrückt. Dabei habe es ein Geräusch und einen Schmerz im linken Fuß gegeben.
Die beratende Ärztin der Beklagten, Dr. W., führte unter dem 20. Januar 2016 aus, dass der Hergang nicht geeignet sei, um zu einer traumatischen Achillessehnenläsion zu führen. Mechanismen, welche die Sehne unter Belastungsspitze setzten, ohne dass sich die Zugspannung koordiniert, gesteuert und gebremst von der vorgeschalteten Muskulatur systematisch aufbauen könne, seien geeignet, zu einer traumatischen Verletzung der Achillessehne zu führen. Hierzu gehörten der schnelle Antrieb, der Auf- und Absprung, das Abrutschen bzw. Verfehlen einer Stufe. Hingegen seien Abläufe wie Schieben, Entgegenstemmen, Heben oder Tragen willkürlich gesteuerte Belastungen der Sehne und damit nicht geeignet, zu einer traumatischen Sehnenverletzung zu führen. Zu letzteren gehöre nach diesen mechanischen Theorien das Anschieben eines PKW. Ein Abrutschen oder Hinfallen mit festgestelltem Fuß sei dem geschilderten Mechanismus nicht zu entnehmen.
Mit Bescheid vom 25. Mai 2016 stellte die Beklagte fest, es liege kein Arbeitsunfall vor. Ein Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung sei ein Unfall, den eine versicherte Person infolge einer versicherten Tätigkeit erleide. Als Unfall gelte dabei ein plötzliches (innerhalb einer Arbeitsschicht), von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, welches zu einem Gesundheitsschaden führe. Bei dem vom Kläger geschilderten Hergang handle es sich biomechanisch nicht um ein geeignetes Ereignis, einen Achillessehnenriss wesentlich zu verursachen. Als geeignete Geschehensabläufe kämen zum Beispiel ein Absprung sowie das Abrutschen bzw. Verfehlen einer Stufe in Betracht. Nach medizinischer Auffassung sei die willentliche Kraftanstrengung im Sinne eines Anschiebens als ungeeignet anzusehen, einen Riss der Achillessehne wesentlich zu verursachen. Aus diesem Grund könne ein Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung nicht festgestellt werden, sodass das Heilverfahren zulasten der Berufsgenossenschaft abgebrochen werde und ein Anspruch auf Verletztengeld nicht bestehe. Die weitere Behandlung erfolge zulasten der Krankenversicherung.
Der Kläger legte unter dem 14. Juni 2016 Widerspruch ein. Die Beklagte beziehe sich auf unzulässige Verallgemeinerungen, die auf seinen konkreten Einzelfall nicht anwendbar seien. Aus seiner Sicht liege ein Arbeitsunfall vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Es könne grundsätzlich nu...