Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorliegen eines Verwaltungsakts. Rechtsbehelf des Widerspruchs. Untätigkeitsklage. Rechtsqualität einer Mitteilung der Krankenkasse an den Leistungserbringer

 

Leitsatz (amtlich)

Teilt die Krankenkasse dem Leistungserbringer iSv § 126 SGB V mit, die Kosten für ein bestimmtes, dem Versicherten vom Leistungsträger zur Verfügung gestelltes Hilfsmittel (hier: Muskelstimulator) würden nicht übernommen, weil vergleichbare Hilfsmittel kostengünstiger angeboten würden, handelt es sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt, gegen den der Leistungserbringer Widerspruch einlegen könnte.

 

Normenkette

SGG § 54 Abs. 5, § 84 Abs. 1 S. 1, §§ 77, 88 Abs. 2, § 144; SGB X § 31 S. 1

 

Verfahrensgang

SG Hamburg (Gerichtsbescheid vom 02.06.2003)

 

Tenor

  • Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 2. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
  • Die auf Bescheidung des Widerspruchs gegen den der Versicherten P… erteilten Bescheid vom 2. Juli 2002 gerichtete Untätigkeitsklage wird als unzulässig abgewiesen.
  • Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  • Der Streitwert wird auf 132,20 EUR festgesetzt.
  • Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Im Streit ist, ob die Beklagte der Klägerin einen Widerspruchsbescheid zu erteilen hat.

Der bei der Beklagten versicherten P1 P… (früher P1 L…) ≪Versicherte≫ wurde vertragsärztlicherseits am 18. Juni 2002 ein Microstim-Gerät MC 10614 (Muskelstimulator) für sechs Wochen (zur Miete) verordnet. Dieses Gerät, das von der Klägerin, einem Unternehmen der Medizintechnik, hergestellt und vertrieben wird, wurde der Versicherten sofort zur Verfügung gestellt. Am 1. Juli 2002 ging bei der Beklagten der Kostenvoranschlag der Klägerin vom 26. Juni 2002 über dieses Gerät zu einem Mietpreis von 131,20 EUR für die Zeit vom 18. Juni bis 1. August 2002 ein, auf welchem die Beklagte am 2. Juli 2002 vermerkte, dass eine anderweitige Versorgung erfolgt sei. Den Kostenvoranschlag sandte die Beklagte mit diesem Vermerk an die Klägerin zurück. Der Versicherten teilte sie unter dem 2. Juli 2002 mit, dass sie “das verordnete Tens-Gerät” für sechs Wochen bewilligt habe und die Auslieferung frei Haus durch die Firma S… D… in Kl… K… erfolgen werde. So geschah es auch. Einem Vermerk der Beklagten vom 7. August 2002 ist zu entnehmen, dass die Versicherte bei ihr anrief, weil sie dieses Tensgerät – neben dem ihr von der Klägerin überlassenen Microstim-Gerät – erhalten hatte und deswegen “durcheinander” war.

Am 16. August 2002 erhob die Klägerin (ohne Unterschrift) Widerspruchgegen eine “ablehnende Entscheidung” der Beklagten und legte eine undatierte Abtretungsvereinbarung vor, nach deren Inhalt die Versicherte sämtliche ihr gegenüber der Beklagten zustehenden Ansprüche aus und i. V. m. der Versorgung mit dem Gerät MC 10614 in der Zeit vom 18. Juni bis 1. August 2002 an die Klägerin abtrat. Hiernach umfasste die Abtretung insbesondere etwaige Kostenerstattungs- oder Freistellungsansprüche gem. § 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und erfolgte an Erfüllungs statt gem. § 364 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Klägerin nahm diese Abtretung an Erfüllungs statt an. Zugleich beantragte sie bei der Beklagten Kostenerstattung/Freistellung gem. § 13 Abs. 3 SGB V. Sie wies darauf hin, dass sie die Abtretung gem. § 53 Abs. 2 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch für zulässig halte. Die Beklagte habe gem. § 88 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über ihren Widerspruch binnen drei Monaten zu entscheiden, andernfalls werde Untätigkeitsklage erhoben werden.

Mit Schreiben vom 28. August 2002 ließ die Beklagte der Klägerin wissen, dass sie ein Angebot eines Vertragspartners über einen Muskelstimulator (Tens-Gerät) für sechs Wochen zur Miete in Höhe von 60,99 EUR erhalten habe. Sowohl dieses Hilfsmittel als auch das von der Klägerin an die Versicherte abgegebene Gerät gehörten zur gleichen Produktgruppe. Als gesetzliche Krankenversicherung habe sie ihre Versicherten ausreichend und zweckmäßig mit Hilfsmitteln zu versorgen. Das Maß des Notwendigen dürfe dabei nicht überschritten werden.

Unwirtschaftliche Leistungen könnten Versicherte nicht beanspruchen und dürften von den Krankenkassen nicht bewilligt werden. Falls die Versicherte eine Versorgung wünsche, die das Maß des Notwendigen übersteige, habe sie dafür die Mehrkosten zu tragen. Da die Klägerin die Vertretungsbefugnis für die Versicherte behaupte, möge sie bis zum 16. September 2002 mitteilen, ob die Versicherte die Mehrkosten (64,24 EUR) für den Muskelstimulator übernehmen wolle. Am 4. September 2002 gab die Versicherte das Tens-Gerät an die Beklagte zurück.

Unter dem 5. September 2002 nahm die Beklagte gegenüber der Klägerin auf ihre Schreiben vom 2. Juli und 28. August 2002 Bezug. Eine Kostenübernahme, die das Maß des Notwendigen übersteige, sei nicht möglich. Hinzu komme, dass Hilfsmittel grundsätzlich genehmigungspflichtig seien. Dem Widerspruch könne nicht abgeholfen werden. Die Klägerin möge mitteilen, ob sie ihn aufrech...

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