Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist bei der Stellung eines Antrags auf Gewährung von Insolvenzgeld
Orientierungssatz
1. Grundsätzlich werden Leistungen der Arbeitsförderung nach § 324 Abs. 1 S. 1 SGB 3 a. F. nur erbracht, wenn sie vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses beantragt worden sind. Die Sonderregelung des § 324 Abs. 3 S. 1 SGB 3 a. F. enthält für die Stellung eines Antrags auf Gewährung von Insolvenzgeld eine Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis. Diese gilt nicht nur für Anträge der Arbeitnehmer, sondern auch für solche Dritter.
2. Für eine dem Insolvenzereignis vorausgehende wirksame Antragstellung genügt nicht bereits die hinreichende Möglichkeit eines zukünftigen Insolvenzereignisses.
3. Die Vorschrift des § 324 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB 3 a. F. enthält einen besonderen Fall der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Bei nicht zu vertretender Fristversäumnis wurde Insolvenzgeld geleistet, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt wurde. Im Rahmen von § 324 Abs. 3 SGB 3 a. F. gilt, dass sich der Vertretene ein Verschulden des wirksam Bevollmächtigten zurechnen lassen muss.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufungen werden zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. Januar 2012.
Die Firma G. GmbH (in H./ E., eingetragen im Handelsregister beim Amtsgericht C.; i.F. Schuldnerin) stellte am 16. Dezember 2011 beim Amtsgericht Cottbus einen Insolvenzantrag. Das Gericht bestellte den Beigeladenen durch Beschluss vom 19. Dezember 2011 (Az. 63 IN 456/11) zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 22. Dezember 2011 und 25. Januar 2012 beantragte der Beigeladene die Zustimmung der Beklagten zu einer Vorfinanzierung von Arbeitsentgeltansprüchen von voraussichtlich 130 Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. November 2011 bis zum 31. Januar 2012 gemäß § 188 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III, hier in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, gültig bis zum 31. März 2012, a.F.; seither § 170 Abs. 4 SGB III in der seit dem 1. April 2012 geltenden Fassung) durch die Klägerin. Diese hatte dem Beigeladenen mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 Vollmacht erteilt, 1. für die Klägerin die Zustimmung der zuständigen Arbeitsagentur zur Vorfinanzierung des Insg einzuholen, 2. den Antrag auf Insg (Dritte) zur Wahrung der Ausschlussfrist gemäß § 324 Abs. 3 SGB III zu stellen. Dem Antrag (sowie einem im Januar 2012 gestellten Verlängerungsantrag) beigefügt war ein Personalbogen, in dem die Arbeitnehmer und unter Angaben ihrer Personalnummer, der Nummer von Abteilung bzw. Filiale, Geburts- und Eintrittsdatum aufgeführt waren.
Mit Bescheiden vom 22. Dezember 2011 und vom 26. Januar 2012 erteilte die Beklagte ihre Zustimmung für die Monate November und Dezember 2011 bzw. (im letztgenannten Bescheid) für Januar 2012; in beiden Bescheiden heißt es weiter:
"Zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 SGB III ist der Antrag "Insolvenzgeld Dritte" durch den Vorfinanzierenden innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses (§ 183 Abs. 1 SGB III) zu stellen."
Im Januar 2012 schlossen der Beigeladene und die Klägerin eine Vereinbarung über die Vorfinanzierung von Insg, wonach die Klägerin einen Betrag von 324.500 Euro zur Verfügung stellte und die Arbeitsentgeltansprüche der Arbeitnehmer kaufte. Der Beigeladene verpflichtete die Schuldnerin zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 7,5 Prozent für die Zeit von der Kaufpreiszahlung bis zum Eingang der an die Klägerin verkauften Forderungen zu zahlen. Weiter war die Schuldnerin verpflichtet, die von der Klägerin erworbenen Forderungen zu erfüllen, soweit die Beklagte diese nicht erfülle.
Durch Beschluss vom 1. Februar 2012 eröffnete das Amtsgericht Cottbus das Insolvenzverfahren, ernannte den Beigeladenen zum Insolvenzverwalter und setzte für die Anmeldungen von Forderungen eine Frist bis zum 23. März 2012. Mit Schreiben vom 15. März 2012 meldete die Beklagte als Insolvenzgläubigerin eine Forderung mit einem Schätzwert von 750.000 Euro zur Eintragung in die Tabelle nach § 175 Insolvenzordnung an. Zur Begründung hieß es:
"Meiner Forderung liegen Anträge auf Insolvenzgeld (§§ 183 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)) zugrunde, denen ich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe. Die Arbeitsentgeltansprüche sind gem. § 187 SGB III auf mich übergegangen (§ 401 Abs. 2 i.V.m. § 412 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Sie sind als Insolvenzforderungen gem. § 38 InsO zu berücksichtigen."
Nachdem der Beigeladene mit Schreiben vom 2. März 2012 den Antrag auf Insg "zur Kenntnis und weiteren Verwendung bzw. Veranlassung" der Klägerin übersandt und im April 2012 erfahren hatte, dass dort k...