Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Antragsbefugnis Dritter im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10. Heranziehung zu Unterhaltsleistungen. Feststellungsinteresse. Betroffenheit in eigenen Rechten
Orientierungssatz
1. Einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB 10 kann nur der Adressat eines Verwaltungsaktes stellen. Im Verfahren des Sozialhilfeträgers über die Heranziehung der zum Unterhalt gegenüber einem Hilfebedürftigen Verpflichteten ist der Hilfebedürftige nicht Beteiligter, weil er in seiner Rechtsposition nicht betroffen ist.
2. Mittelbare Auswirkungen, die der Hilfebedürftige geltend macht, liegen außerhalb der Rechtsbeziehungen zwischen dem Sozialhilfeträger und den zum Unterhalt Verpflichteten. Damit sind sie nicht geeignet, eine Betroffenheit in eigenen Rechten zu begründen.
Normenkette
SGB X § 44; SGB XII § 94; SGG § 55 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung ihrer Eltern zu Unterhaltsleistungen durch die Beklagte.
Die 1971 geborene Klägerin ist seelisch behindert. Sie erhält seit 2002 von der Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Die Klägerin hatte vor Beginn der Maßnahmen wiederholt darum gebeten, ihre dem Grunde nach unterhaltspflichtigen Eltern nicht zu einer Kostentragung heranzuziehen, da diese für ihre frühkindliche Traumatisierung verantwortlich seien und damit die in Rede stehende Eingliederungshilfemaßnahme notwendig gemacht hätten. Die Beklagte erklärte zunächst, dem Wunsch der Klägerin nachzukommen, trat dann aber gleichwohl schriftlich an deren Eltern heran und zog sie zur Erbringung von Unterhaltsleistungen heran. Jedenfalls seit Dezember 2008 erbrachten die Eltern sodann Unterhaltsleistungen an die Beklagte; im Jahr 2011 in Höhe von monatlich 54,97 Euro.
Mit einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 6. August 2011 beantragte die Klägerin, künftig auf die Heranziehung ihrer Eltern zu verzichten. Zur Begründung legte sie eine ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums H. vor, in dem die Einbeziehung der Eltern zu diesem Zeitpunkt als therapeutisch kontraproduktiv bezeichnet wurde. Mit Schreiben vom 22. August 2011 erklärte die Beklagte, dass kein Härtefall i.S.d. § 94 Abs. 3 SGB XII gegeben sei, sodass von einer Heranziehung der Eltern nicht abgesehen werde.
Mit Schreiben vom 25. Oktober 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut die Einstellung der Heranziehung ihrer Eltern und erklärte ihre grundsätzliche Bereitschaft, den bislang von den Eltern gezahlten Kostenbeitrag künftig selbst zu zahlen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 20. Juli 2012 mit, nach einer erneuten Prüfung der Sachlage sei sie bereit, ab dem 1. Juli 2012 auf eine Heranziehung der Eltern zur Unterhaltsleistung zu verzichten, da die Heranziehung eine unbillige Härte für die Klägerin bedeute.
Mit Schreiben vom 16. August 2012 beantragte die Klägerin nunmehr auch eine rückwirkende Korrektur. Sie wollte erreichen, dass die in der Vergangenheit von den Eltern geleisteten Unterhaltszahlungen diesen zurückerstattet werden; zudem forderte sie die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes an sich selbst. Die Beklagte lehnte das Begehren der Klägerin mit Schreiben vom 26. September 2012 ab. Sie drückte ihr Bedauern aus und entschuldigte sich dafür, dass trotz anderer Absprache die Eltern beteiligt worden waren. Die Beklagte führte weiter aus, dass die Unterhaltszahlungen der Eltern für die Vergangenheit durch rechtmäßige Verwaltungsakte festgelegt worden seien, die nur für die Zukunft widerrufen werden könnten. Dies sei geschehen; eine rückwirkende Korrektur sei nicht möglich. Hinsichtlich des von der Klägerin angesprochenen Schmerzensgeldes wurde ihr geraten, "sich anwaltlich beraten zu lassen".
Mit Schreiben vom 5. November 2012 beantragte die Klägerin eine Aufhebung der Bescheide über die Heranziehung ihrer Eltern mit Wirkung für die Vergangenheit nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (im Folgenden: SGB X). Sie führte weiter aus, sie halte auch ihre Forderung nach einem angemessenen Schmerzensgeld aufrecht. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Schreiben vom 12. November 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, der Festsetzungs- wie auf der Aufhebungsbescheid sei gegenüber den Eltern der Klägerin ergangen. Es werde keine Veranlassung gesehen, diese abzuändern. Sofern die Eltern der Klägerin mit diesen Entscheidungen nicht einverstanden seien, müssten sie ihre Rechte selbst geltend machen. Die Beklagte lehnte auch die Gewährung von Schmerzensgeld ab.
Die Klägerin legte dagegen mit Schreiben vom 26. November 2011 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 26. Februar 2014 zurückwies. Das Widerspruchsverfahren sei bereits unzulässig, ...