Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung des anzurechnenden Einkommens für einen selbständig tätigen Empfänger von Grundsicherungsleistungen
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung des für einen selbständig tätigen Leistungsempfänger des SGB 2 anrechenbaren Einkommens gemäß § 11 SGB 2 i. V. m. § 3 Alg2-VO sind dessen Betriebseinnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen und die in diesem Zeitraum tatsächlich geleisteten Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11 Abs. 2 SGB 2 abzusetzenden Beträge gegenüberzustellen.
2. Dabei sind nur notwendige Ausgaben anzuerkennen. Außerdem sollen tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden, soweit diese ganz oder teilweise vermeidbar sind oder offensichtlich nicht den Lebensumständen während des Leistungsbezugs entsprechen. Ausgaben sind nicht absetzungsfähig, soweit das Verhältnis der Ausgaben zu den jeweiligen Erträgen in einem auffälligen Missverhältnis steht.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. November 2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 7.4.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.6.2010 verurteilt, den Klägern weitere Leistungen nach dem SGB II zu gewähren und zwar
dem Kläger zu 1 für den Zeitraum
- vom 01.06.2009 bis zum 30.06.2009 in Höhe von 169,66 Euro
- vom 01.07.2009 bis zum 31.07.2009 in Höhe von 254,84 Euro
- vom 01.08.2009 bis zum 31.08.2009 in Höhe von 193,80 Euro
- vom 01.09.2009 bis zum 30.09.2009 in Höhe von 201,46 Euro
- vom 01.10.2009 bis zum 31.10.2009 in Höhe von 202,51 Euro
- vom 01.11.2009 bis zum 30.11.2009 in Höhe von 213,25 Euro und
der Klägerin zu 2 für den Zeitraum
- vom 01.06.2009 bis zum 30.06.2009 in Höhe von 45,26 Euro
- vom 01.07.2009 bis zum 31.07.2009 in Höhe von 93,20 Euro
- vom 01.08.2009 bis zum 31.08.2009 in Höhe von 40,94 Euro
- vom 01.09.2009 bis zum 30.09.2009 in Höhe von 27,19 Euro
- vom 01.10.2009 bis zum 31.10.2009 in Höhe von 41,03 Euro
- vom 01.11.2009 bis zum 30.11.2009 in Höhe von 23,99 Euro
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte trägt 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis zum 30. November 2009 endgültig zu bewilligenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1949 geborene, erwerbsfähige Kläger bezog im Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2010 laufende Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Im streitgegenständlichen Zeitraum war er selbstständig als Reiseleiter und Autor tätig. Die am xxxxx 1991 geborene, erwerbsfähige Klägerin besuchte das Gymnasium und hielt sich im streitgegenständlichen Zeitraum hälftig im Haushalt ihres Vaters, des Klägers, und hälftig im Haushalt ihrer Mutter auf. Das Kindergeld für die Klägerin wurde an den Kläger gezahlt, eine Weiterleitung an die Mutter der Klägerin erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 25. Mai 2009 bewilligte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juni 2009 bis zum 30. November 2009 in Höhe von insgesamt 750,78 Euro monatlich. Hiervon entfielen auf den Kläger 305,25 Euro Regelleistung, 189,17 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung und 30,45 Euro Zuschuss zur Rentenversicherung. Für die Klägerin wurden 36,73 Euro Regelleistung und 189,18 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligt. Der Beklagte berücksichtigte dabei ein laufendes monatliches Einkommen des Klägers aus Selbstständigkeit in Höhe von 183,33 Euro sowie bei der Klägerin Einkünfte aus Kindergeld in Höhe von 154,00 Euro und ein sonstiges Einkommen in Höhe von 99,36 Euro monatlich. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich, dass das "sonstige Einkommen" in Höhe von 99,36 Euro als Ausgleich dafür berechnet wurde, dass die Klägerin sich nicht durchgehend beim Kläger aufhielt.
Der Kläger erhob am 4. Juni 2009 auch im Namen der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Mai 2009. Er machte geltend, die Kosten der Unterkunft und Heizung seien falsch berechnet worden. Die Miete inklusive Nebenkosten betrage derzeit 450,31 Euro, hinzu komme ein Wasserabschlag in Höhe von 19,- Euro. Von den Gesamtunterkunftskosten seien 70%, d.h. 328,52 Euro, als private Nutzung zu berücksichtigen, die übrigen 30% seien seiner selbständigen Tätigkeit zuzurechnen, da er die Wohnung in diesem Umfang zu beruflichen Zwecken nutze. Zum 1. August 2009 werde die Miete inklusive Nebenkosten auf 479,74 Euro erhöht. Die Regelleistung der Klägerin sei wegen ihres nur hälftigen Aufenthalts im gemeinsamen Haushalt um die Hälfte und nicht nur um 99,36 Euro zu kürzen. Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit seien zu Unrecht Verpflegungsmehraufwendungen nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt worden. Zudem werde eine einjährige Bewilli...