Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Kodierung einer während der stationären Behandlung fortgeführten ambulanten Strahlentherapie als vom Krankenhaus veranlasste Leistung Dritter. Verpflichtung des Krankenhauses zu umfassender und einheitlicher Gesamtleistung
Orientierungssatz
1. Veranlasst ein Krankenhaus, welches nicht über eine Abteilung für Strahlentherapie verfügt, während einer vollstationär durchgeführten Chemotherapie eine ambulante strahlentherapeutische Behandlung bei einem Arzt, welcher diese bereits vor Beginn der stationären Behandlung durchgeführt hat, handelt es sich um vom Krankenhaus veranlasste Leistungen Dritter im Sinne des § 2 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG, sodass diese im Rahmen der Abrechnung des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse als Prozeduren mit dem OPS 2015 Nr 8-522.91 zu kodieren sind, welche gem Anl 1 Teil a Nr E08C der DRG 2015 (juris: FPVBG 2015) zu vergüten sind.
2. Das Krankenhaus, das einen Versicherten zur vollstationären Behandlung aufgenommen hat, ist zu einer umfassenden und einheitlichen Gesamtleistung verpflichtet und dabei auch zur Erbringung solcher Leistungen im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen, die es von vornherein nicht mit eigenen personellen und sachlichen Mitteln, sondern nur durch Dritte erbringen kann.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Vergütung wegen vollstationärer Krankenhausbehandlung und dabei die Frage, ob eine während der stationären Behandlung fortgeführte ambulante Strahlentherapie als vom Krankenhaus veranlasste Leistung Dritter kodiert werden durfte.
Die Klägerin betreibt in H. ein Plankrankenhaus (§ 108 Nr. 2 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch ≪SGB V≫). Im Krankenhausplan 2015 der Freien und Hansestadt H. wurden für dieses u.a. im Fachgebiet Innere Medizin Betten ausgewiesen (Soll zum 1. April 2015 243 von insgesamt 701), u.a. im Fachgebiet der Strahlenheilkunde hingegen keines (Anlage zum Feststellungbescheid vom 27. Januar 2015).
Die 1967 geborene, bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte C.L. (im Folgenden: Versicherte) wurde im Zeitraum vom 17. bis 22. Juli 2015 vollstationär in der Klinik der Klägerin behandelt. Die Aufnahme der an einem in Lunge und Skelett metastasierten Uteruskarzinom erkrankten Versicherten erfolgte zur Durchführung einer medikamentösen Chemotherapie. Bereits seit dem 7. Juli 2015 hatte die Versicherte sich bei der Beigeladenen, die über Behandlungsräume in der Nähe des Krankenhauses der Klägerin verfügt, in ambulanter Strahlentherapie befunden, die während der stationären Behandlung - und auch danach - fortgeführt wurde, wobei die über keine Abteilung für Strahlentherapie verfügende Klägerin für die Dauer des Aufenthalts der Versicherten bei ihr den jeweiligen Transport der Versicherten zu und von den Behandlungsräumen der Beigeladenen organisierte und bezahlte. Die Beigeladene stellte die Behandlungen während dieses Zeitraums der Klägerin nach den Regularien der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in Rechnung; die Strahlentherapieeinheiten in der Zeit davor und danach rechnete die Beigeladene über die Kassenärztliche Vereinigung H. (KVH) ab.
Die Klägerin stellte der Beklagten am 3. August 2015 auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Group ≪DRG≫ 2015) E08C (Strahlentherapie bei Krankheiten und Störungen der Atmungsorgane, ohne operativen Eingriff oder Beatmung ≫ 24 Stunden, mehr als ein Belegungstag, weniger als 10 Bestrahlungen, Kostengewicht 1,534) nebst Zuschlägen insgesamt 5057,02 Euro in Rechnung. Die DRG E08C ergab sich u.a. deshalb, weil die Klägerin die Prozedur OPS (Operationen- und Prozedurenschlüssel 2015) 8-522.91 (Hochvoltstrahlentherapie, Linearbeschleuniger, intensitätsmodulierte Radiotherapie, mit bildgeschützter Einstellung) mehrfach in die Kodierung mit einbrachte.
Die Beklagte vertrat gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 5. November 2015 die Ansicht, dass es sich bei den während der streitigen stationären Behandlung von der Beigeladenen gegenüber der Versicherten erbrachten Bestrahlungen nicht um allgemeine Krankenhausleistungen im Sinne von § 2 des Krankenhausentgeltes (KHEntgG) in Form von vom Krankenhaus veranlasster Leistungen Dritter gehandelt habe. Die Bestrahlungsplanung sei bereits vor Aufnahme der Versicherten erfolgt, und die ersten Bestrahlungen seien in der Praxis als ambulante Leistungen durchgeführt worden. Somit sei die Fortführung der Bestrahlungen nicht von der Klägerin veranlasst worden. Diese habe nur sichergestellt, dass die Versicherte die bereits feststehenden ambulanten Termine einhalten könne. Die Verantwortung für die Bestrahlungen habe somit nicht im Bereich der Klinik, sondern in den Händen der Praxis gelegen, die diese analog den Bestimmungen zur Fortführung ...