Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. Anspruch einer Versicherten auf Versorgung mit einer Mammaaufbauplastik
Orientierungssatz
1. Eine Versicherte hat keinen Anspruch auf Versorgung mit einer Mammaaufbauplastik, wenn der Größenunterschied der Brüste durch entsprechende Büstenhalter so gut kaschiert werden kann, dass er in den meisten Lebenssituationen nicht zu bemerken ist.
2. Ist eine entsprechende Operation nicht das letzte Mittel, um eine bei der Versicherten bestehende psychische Erkrankung zu behandeln, so besteht gleichfalls kein Anspruch auf Versorgung mit einer Mammaaufbauplastik.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts vom 18. Dezember 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Ablehnung eines Antrages auf Aufhebung eines Bescheides, mit dem die Übernahme der Kosten für eine so genannte Mammaaufbauplastik der rechten Brust der Klägerin abgelehnt wurde.
Die 1994 geborene Klägerin litt während ihrer Jugend und Pubertät an einer Mammadysplasie zu Gunsten der linken Brust. Sie beantragte zunächst erstmals im Jahr 2009 die Übernahme der Kosten für eine Mammaaufbauplastik unter Vorlage diverser ärztlicher Berichte. Sie begründete diesen Antrag damit, dass die bei ihr vorliegende Mammadysplasie zu einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung führe, sie leide dadurch an depressiven Verstimmungen, rezidivierenden Bauchschmerzen, sei gehemmt im Umgang mit Gleichaltrigen.
Die Beklagte lehnte die Übernahme der Kosten nach Beratung durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit Bescheid vom 5.3.2010 ab und begründete dies damit, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine Entstellung nicht vorliege. Dies wäre nur der Fall, wenn die Klägerin bei der flüchtigen Begegnung im Alltag ständig alle Blicke auf sich ziehen würde. Die Brustasymmetrie lasse sich aber durch entsprechende Kleidung und BH-Einlagen kaschieren.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 14.3.2010, in dem die Klägerin noch einmal auf die Ausführungen der behandelnden Ärzte verwies und dieses Vorbringen vertiefte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Hierzu bezog sie sich auf die Ausführungen des MDK und führte ergänzend aus, dass wegen der beklagten psychischen Beeinträchtigungen eine Psychotherapie vorrangig durchzuführen sei. Die Operation sei bei fehlender Entstellung rein kosmetischer Natur.
Hiergegen erhob die Klägerin dann erstmals im Jahr 2010 Klage vor dem Sozialgericht. Mit Urteil vom 17.9.2013 wies das Sozialgericht durch die zu jenem Zeitpunkt zuständige Kammer 28 die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Frau Dr. S. zurück. Die hiergegen eingelegte Berufung endete vor dem Landessozialgericht Hamburg mit einer Zurücknahme. Nachdem die Klägerin am 28.4.2014 den geplanten Brustaufbau zunächst auf eigene Kosten durchgeführt hatte, stellte sie im Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht einen sog. Überprüfungsantrag.
Diesen Überprüfungsantrag beschied die Beklagte am 22.1.2015 ablehnend. Sie führte aus, dass die vorliegenden Bescheide unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens nicht rechtswidrig gewesen seien.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 24.2.2015. Sie verwies dazu auf ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, dass es sich um einen Ausnahmefall handele und um eine Einzelfallentscheidung gebeten werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 3.5.2016 wies die Beklagte auch diesen Widerspruch der Klägerin zurück und führte noch einmal aus, dass der Bescheid vom 5.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2010 nicht rechtswidrig und der Bescheid daher nicht aufzuheben gewesen sei. Der Überprüfungsantrag habe daher abgelehnt werden müssen.
Am 3.6.2016 erhob die Klägerin dann die vorliegende Klage. Sie hat darauf verwiesen, dass bei ihr aufgrund der Brustasymmetrie eine erhebliche psychische Belastung bestanden habe. Außerdem ist sie der Auffassung, dass die Mammadysplasie nach der International Classification of Deseases (ICD-10) als Krankheit anerkannt sei.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 18.12.2017 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zur Kostenübernahme in Höhe von 3.941,12 Euro verpflichtet.
Rechtsgrundlage des Aufhebungsanspruches sei § 44 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Beklagte habe es zu Unrecht abgelehnt, den Bescheid vom 5.3.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.10.2010 aufzuheben und der Klägerin die entstandenen Kosten zu erstatten. Die Klägerin habe bereits im Jahr 2010 gegen die Beklagte einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Gewährung der Mammaaufbauplastik gehabt und nunmehr auf Erstattung der Kosten. Rechtsgrundlage...