Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verzinsung einer Rentennachzahlung. Wirkung der Fiktion des Reha-Antrags als Rentenantrag
Leitsatz (redaktionell)
Der Antrag auf Rehabilitation kann zwar als Rentenantrag gelten; diese Fiktion gilt aber nicht für den Zeitpunkt der Vollständigkeit des Rentenantrags und damit auch nicht für den Verzinsungsbeginn.
Normenkette
SGB I § 44 Abs. 2; SGB VI § 116 Abs. 2, § 99 Abs. 1
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Verzinsung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Die 1963 geborene Klägerin war nach einem 1990 erlittenen Unfall zuletzt 1994 versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Sie stellte am 10. Februar 1997 bei der Beklagten einen Antrag auf medizinische Rehabilitationsleistungen. Der Verwaltungsvorgang ist nicht mehr vorhanden, die Unterlagen wurden vernichtet.
Wegen einer Arbeitsunfähigkeit ab dem 10. Februar 1997 bezog die Klägerin seit dem 24. März 1997 bis zum 9. August 1998 Krankengeld. Die Beklagte bestätigte der Klägerin mit Schreiben vom 27. März 1997 den Eingang ihres Antrages auf Leistungen zur Rehabilitation. Die HEK teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6. August 1997 mit, dass bereits ein Rehabilitationsantrag vorliege. Weitere Maßnahmen würden sich erübrigen, sie sei aber in ihrer Disposition im Hinblick auf eine Rücknahme des Rentenantrages eingeschränkt.
Die Klägerin bezog im Anschluss an das Krankengeld ab dem 10. August 1998 Arbeitslosengeld vom Arbeitsamt H ... Die Leistungen wurden durch Bescheid vom 9. März 1999 mit Beginn einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme eingestellt. Für die Dauer der medizinischen Reha gewährte die Beklagte der Klägerin in der Zeit vom 9. März 1999 bis zum 20. April 1999 Übergangsgeld. Die medizinische Rehabilitationsmaßnahme wurde in der H.- in B. durchgeführt. Nach dem vorliegenden Entlassungsbericht wurde die Klägerin unter der Diagnose einer ängstlich-vermeidenden Persönlichkeitsstörung, einer Somatisierungsstörung sowie weiteren Erkrankungen mit einem halb- bis untervollschichtigen Leistungsvermögen als arbeitsunfähig entlassen. Sie bezog im Anschluss in der Zeit vom 21. April 1998 bis zum 8. September 2000 Arbeitslosengeld. Auf Veranlassung der Beklagten wurde ein Verfahren auf Teilhabeleistungen am Arbeitsleben bei der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitsamt H.) eingeleitet. Mit Bescheid vom 10. Februar 2003 wurde der Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass zunächst medizinische Maßnahmen vorrangig seien.
In der Zeit vom 9. September 2000 bis zum 14. November 2010 bezog die Klägerin bis auf eine Wohngeldzahlung im September 2000 in Höhe von 83 Euro keinerlei Sozialleistungen und war krank und arbeitsunfähig. Sie lebte von einer Schmerzensgeldzahlung, die im Hinblick auf den erlittenen Unfall gezahlt wurde.
Ab dem 15. November 2010 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld II. Auf Veranlassung des Leistungsträgers wurde eine Begutachtung zur Erwerbsfähigkeit durchgeführt. Nachdem mit Gutachten vom 7. November 2011 Erwerbsunfähigkeit für mehr als sechs Monate festgestellt worden war, stellte der Leistungsträger die Zahlung von Arbeitslosengeld II zum 31. Dezember 2011 ein. Ab dem 1. Januar 2012 bezog die Klägerin dann Sozialhilfe.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2012 teilte der Sozialhilfeträger der Beklagten mit, dass ab 1. Januar 2012 Sozialhilfe gezahlt werde, machte gleichzeitig einen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 f. Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X) geltend und bat hilfsweise um Einleitung eines Rentenverfahrens.
Am 10. Mai 2012 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, überreichte das zuvor von der Beklagten übersandte und von ihr ausgefüllte Rentenantragsformular und legte zahlreiche Dokumente vor.
Auf Veranlassung der Beklagten wurden Befundberichte beigezogen und ein medizinisches Gutachten eingeholt. Der Neurologe und Psychiater Dr. S. kam nach Untersuchung der Klägerin in seinem Gutachten vom 31. August 2012 zu dem Ergebnis, dass die Klägerin bereits zum Zeitpunkt des Beginns der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, also am 9. März 1999, erwerbsunfähig gewesen sei.
Daraufhin gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Oktober 2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ab 1. Dezember 2012 in Höhe von monatlich 677,32 EUR. Nach einem Widerspruch der Klägerin und weiteren Ermittlungen berechnete die Beklagte mit Anpassungsbescheid vom 13. März 2013 die Rente die Zeit ab 1. Mai 2013 neu (monatlich 729,18 EUR) und bezifferte den Nachzahlungsbetrag für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. April 2013 auf 37.223,96 EUR. Mit Gegenstandsbescheid vom 10. Juni 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 1. Januar 2008. Die Anspruchsvoraussetzungen seien am 10. Februar 1997 erfüllt, rechtswirksamer Antrag sei der 27. März 1997 und Rentenbeginn somit der 1. März 1997. Au...