Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Krankenhauskosten bei einem Eilfall

 

Leitsatz (redaktionell)

Wenn die sofortige stationäre Krankenhausaufnahme eines mittellosen Menschen, der keine Krankenversicherung nachweisen kann, wegen akuter Beschwerden als Eilfall notwendig ist, so hat der Krankenhausträger nur für Aufnahmetag einen Kostenerstattungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger, wenn dieser am zweiten Tag erreichbar gewesen wäre.

 

Normenkette

SGB XII § 25 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1, § 17 Abs. 1 S. 2, §§ 18, 98 Abs. 2; SGB XII a.F. § 23 Abs. 3 S. 1 Nrn. 2, 4, § 48 S. 1; SGB II § 5 Abs. 3 S. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b, Abs. 11 S. 2; BSHG § 121; FreizügG/EU § 2 Abs. 1, § 4; AG-SGB XII Schleswig-Holstein § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1; BGB § 677

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 19. Februar 2021 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 18. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2017 verurteilt, der Klägerin Aufwendungen für die Behandlung des Herrn A.K. vom 1. September 2016 bis zum 3. September 2016 in Höhe von 656,73 Euro zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Erstattung in Höhe von 1.313,45 Euro für die Krankenhausbehandlung eines Patienten im Zeitraum vom 1. bis zum 3. September 2016.

Am 1. September 2016, einem Donnerstag, um 22:00 Uhr stellte sich ein Mann, der angab, der am xxxxx 1972 geborene p. Staatsangehörige A.K. zu sein, in der Zentralen Notaufnahme des Krankenhauses Asklepios-Klinik Nord der Klägerin vor. Laut Arztbrief vom 3. September 2016 gab der Patient bei seiner Aufnahme Schmerzen im rechten Unterbauch und Übelkeit an. Zur weiteren Diagnostik wurde er stationär aufgenommen. Noch in der Nacht wurde eine Urinprobe genommen und im Labor ausgewertet. Am 2. September fand dann eine Computertomographie des Abdomens statt. Am 3. September 2016 wurde der Patient auf eigenen Wunsch und gegen ärztlichen Rat entlassen.

Die Klägerin wandte sich mit Fax vom 2. September 2016, 11:03 Uhr, an das Sozialamt der im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegenen Stadt N., informierte diese über die Behandlung des Patienten und beantragte die Kostenübernahme. Auf dem Antragsschreiben ist handschriftlich vermerkt, der Patient habe angegeben, er lebe seit sechs Monaten in G., einem Stadtteil von N., als Obdachloser von Flaschenpfand, Papiere seien ihm gestohlen worden, er sei nicht krankenversichert. Weiter lag dem Schreiben eine Bestätigung der Klinik vom 1. September 20216 darüber bei, dass die sofortige stationäre Krankenhausbehandlung dringend geboten und eine Zurückweisung ohne Gefahr für Leben und Gesundheit nicht möglich gewesen sei, sowie eine sogenannte Mittellosigkeitserklärung des Patienten vom 1. September 2016, der zufolge es ihm aufgrund seiner Mittellosigkeit nicht möglich sei, die entstehenden Krankenhausbehandlungskosten zu bezahlen, er keinerlei Krankenversicherungsansprüche habe und einen Antrag auf Übernahme der Kosten durch den Sozialhilfeträger stelle.

Mit Rechnung vom 7. September 2016 stellte die Klägerin dem Patienten für die Behandlung vom 1. bis zum 3. September 2021 Kosten in Höhe von 1.313,45 Euro in Rechnung.

Am 12. Oktober 2016 stellte ein A.K., geboren xxxxx 1972, bei der Stadt N. einen Antrag auf Zahlung eines angemessenen Barbetrages (Taschengeld) ab dem Monat Oktober 2016. Zur Begründung gab er an, dass er sich seit dem 11. Oktober 2016 in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) N1 befinde. Er sei zuletzt ohne festen Wohnsitz gewesen, die Festnahme sei in der TAS (Tagesaufenthaltsstätte) N. erfolgt. Die Vollzugsabteilung 125 der JVA N1 gab am 12. Oktober 2016 an, dass die bei Herrn K. vorhandenen Gelder 2,28 Euro betrugen. Der Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 unter Fristsetzung bis zum 28. Oktober 2016 verschiedene Unterlagen von Herrn K. an, unter anderem eine Ausweiskopie, ein ausgefülltes Antragsformular Sozialhilfe, eine Vermögenserklärung sowie Nachweise über Einkommen.

Mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 bat die Klägerin den Beklagten um Sachstandsmitteilung. Sie übersandte dem Beklagten eine Kopie der Nachricht der P. Nationalen Krankenkasse vom 11. Oktober 2016, aus der hervorging, dass Herr A.K., geboren xxxxx 1972, in P. im angefragten Zeitraum nicht krankenversichert gewesen sei.

Mit Bescheid vom 18. November 2016 lehnte die Stadt N. im Namen und im Auftrag des Beklagten die von der Klägerin beantragte Kostenübernahme ab. Zur Begründung führte sie aus, der Antrag werde als Antrag des Nothelfers auf Aufwendungsersatz gem. § 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) gewertet. Vor einer Kostenübernahmeerklärung sei zu prüfen, ob überhaupt ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen bestehe. Es sei Verp...

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