Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Minderung des Arbeitslosengeld II. Meldeaufforderung. wiederholte Meldeversäumnisse. Ermessensfehlgebrauch
Orientierungssatz
Ist nach einer raschen Abfolge von mehreren Meldeaufforderungen, denen der Arbeitsuchende bisher keine Folge geleistet hatte, nicht zu erwarten, dass dieser der neuerlichen Meldeaufforderung nunmehr nachkommen wird, muss der Grundsicherungsträger im Rahmen der Ermessensausübung seine Erwägungen, die ihn zum Festhalten an dem eingeschlagenen Weg bewegt haben, deutlich machen oder andere und erfolgversprechendere Wege der Eingliederung in Betracht ziehen (vgl auch BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 19/14 R = BSGE 119, 17 = SozR 4-4200 § 31a Nr 1).
Tenor
Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Sanktionsbescheid.
Die 1955 geborene erwerbsfähige Klägerin bezieht seit Juli 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten.
Am 24. April 2012 teilte die Klägerin mit, dass sie die Pflege ihrer Mutter übernommen habe und seit März das Pflegegeld der Pflegestufe I ihrer Mutter erhalten würde. Es liegt ein Schreiben der Pflegekasse vom 10. April 2012 vor, nach dem die Mutter der Klägerin seit dem 28. März 2012 Leistungen der Pflegestufe I erhalte.
Mit Schreiben vom 17. April 2013 wurde die Klägerin von der für sie zuständigen Arbeitsvermittlerin in die Räumlichkeiten des Beklagten zu einem Gespräch am 14. Mai 2013 eingeladen. Als Zweck des Gesprächs war die Besprechung der aktuellen beruflichen Situation der Klägerin genannt. Die Klägerin erschien zu dem angegebenen Meldetermin nicht und meldete sich auch sonst nicht bei dem Beklagten.
Es erfolgten weitere Einladungen zu Terminen am 28. Mai 2013, 20. Juni 2013, 9. Juli 2013, 27. August 2013, 19. September 2013, 22. Oktober 2013 und 11. November 2013. Die Termine verstrichen, ohne dass die Klägerin diese wahrnahm oder sich zu den Hinderungsgründen äußerte.
Der Beklagte erließ aufgrund der Meldeversäumnisse verschiedene Sanktionsbescheide (vom 21. Juni 2013, 19. Juli 2013, 16. September 2013, 24. September 2013, 24. Oktober 2013, 13. November 2013 und 3. Dezember 2013), mit welchen er für die Dauer von jeweils drei Monaten eine Minderung des Leistungsanspruchs der Klägerin in Höhe von 10% feststellte. Entsprechend wurden die Auszahlungen gekürzt. Der Bescheid vom 19. Juli 2013 wurde bestandskräftig, gegen die weiteren Bescheide legte die Klägerin jeweils Widersprüche ein. Sie habe bereits mit Schreiben vom 22. April 2012 ihre persönliche Situation mitgeteilt, ohne dass der Beklagte hierzu Rückfragen gehabt hätte. Die Widersprüche wurden zurückgewiesen und die hiergegen erhobenen Klagen (nur der Widerspruchsbescheid vom 11.2.2014 hinsichtlich des Sanktionsbescheides vom 3.12.2014 wurde nicht angegriffen) blieben zum Teil erfolglos (zuletzt LSG Hamburg, Beschluss v. 25.1.2016 - L 4 AS 99/15 NZB, L 4 AS 100/15 NZB, L 4 AS 101/15 NZB und L 4 AS 102/15 NZB); hinsichtlich des Bescheides vom 24. Oktober 2013 wird auf das Senatsurteil vom heutigen Tage im Berufungsverfahren L 4 AS 278/16 Bezug genommen. Es folgte eine weitere Sanktion wegen Meldeversäumnisses am 27. Dezember 2013 (Sanktionsbescheid vom 3. Februar 2014; siehe Senatsurteil vom heutigen Tage im Berufungsverfahren L 4 AS 68/16).
Die Klägerin wurde sodann mit Schreiben vom 27. Dezember 2013 aufgefordert, sich am 31. Januar 2014 um 9.00 Uhr in den Räumlichkeiten der Arbeitsvermittlung einzufinden, um über die aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsfolgenbelehrung.
Da die Klägerin den Termin am 31. Januar 2013 nicht wahrnahm, lud der Beklagte sie mit Schreiben vom gleichen Tag zu einem neuen Gesprächstermin ein, hörte sie zugleich zu einer beabsichtigten Minderung wegen ihres unentschuldigten Fernbleibens an und erließ sodann am 3. März 2014 einen Sanktionsbescheid, mit welchem er die Minderung des Auszahlungsanspruchs der Klägerin für den Zeitraum vom 1. April 2014 bis 30. Juni 2014 in Höhe von monatlich 39,10 Euro feststellte. Die Leistungen behielt der Beklagte ein. Die Klägerin erhob am 31. März 2014 Widerspruch.
Unterdessen bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24. Januar 2014 (Streitgegenstand des Berufungsverfahrens L 4 AS 285/16) Leistungen vom 1. Februar 2014 bis 31. Juli 2014 unter Berücksichtigung der Sanktionen vom 13. November 2013 und 3. Dezember 2013 in den Monaten Februar und März 2014. Mit Änderungsbescheid vom 24. März 2014 (Streitgegenstand des Berufungsverfahrens L 4 AS 280/16) setzte der Beklagte die Sanktionsbescheide vom 3. Februar und 3. März 2014 durch Abänderung der Leistungsbewilligung für die Monate April bis Juni 2014 um.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin g...