Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Versichertenrente wegen einer Berufskrankheit. Asbeststaublungenerkrankung
Orientierungssatz
1. Renten an Versicherte nach § 72 Abs. 1 Nr. 2 SGB 7 werden von dem Tag an gezahlt, der auf den Tag folgt, an dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Wann der Versicherungsfall bei Berufskrankheiten eintritt, richtet sich nach § 9 Abs. 5 SGB 7. Danach ist auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn dies für den Versicherten günstiger ist, auf den Beginn der rentenberechtigenden MdE abzustellen.
2. Zur Gewährung von Versichertenrente aufgrund einer Berufskrankheit ist eine berufsbedingte MdE von wenigstens 20 v. H. erforderlich. Von einer rentenberechtigenden MdE im Rahmen der Berufskrankheit Nr. 4103 - Asbeststaublungenerkrankung - ist erst bei einem Wert der Vitalkapazität (IVC) unter 80 % sowie bei einer CIstat von unter 70 % auszugehen.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob und von welchem Zeitpunkt an die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen L.S. aufgrund der Folgen der anerkannten Berufskrankheit (BK) nach der Ziffer 4103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ("Asbeststaublungenerkrankung oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura") Anspruch auf Gewährung einer Rente mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 20 v.H. hat.
Die Klägerin ist die Ehefrau des am 27. Mai 2016 verstorbenen L.S. (Versicherter). Der am xxxxx 1938 geborene Versicherte war während seiner Berufstätigkeit (1960 - 1996) als Maschinenschlosser bei den H. AG von 1960 bis 1987 asbestfaserhaltigen Stäuben ausgesetzt gewesen. Am 17. Mai 2011 stellte der Radiologe Dr. G. nach einer Computertomographie des Thorax beim Versicherten eine geringgradige Asbestose mit nur vereinzelten pleuralen Plaques fest, ohne Nachweis einer asbestassoziierten Lungenfibrose, unauffälligem Bronchialsystem und bei geringen unspezifischen narbigen Veränderungen der Lungenspitze. Am 10. September 2015 wurde der Versicherte in der Lungenpraxis Professor H1 wegen eines echokardiographisch aufgefallenen persistierenden Pleuraergusses rechts untersucht. Prof. Dr. H1 kam danach zu dem Ergebnis, dass ein rechtsseitiger Pleuraerguss mit geschätzt wenigen 100 ml Flüssigkeit und nur teilweiser Kammerung vorliege. Die Pleurapunktat-Untersuchung zeige ein eindeutiges Exsudat mit gemischtzelliger, jedoch nicht eitriger Entzündung. Die Ätiologie bleibe unklar, ein malignes Geschehen sei aufgrund der langzeitigen Persistenz des Ergusses ohne wesentlichen Progress sehr unwahrscheinlich.
Während der stationären Behandlung vom 19. - 29. Februar 2016 im A. Krankenhaus H2 wurde bei dem Versicherten ein histologisch gesichertes Pleuramesotheliom links (Mesotheliom A), ein unklarer Vorhalt dorsal der Milz sowie ein chronischer Pleuraerguss rechts festgestellt. Die Beklagte erkannte mit Schreiben vom 21./22. April 2016 an die behandelnden Ärzte des Versicherten das Pleuramesotheliom als BK nach der Ziffer 4105 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung ("Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards") an.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27. Oktober 2016 führte der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S1 aus, dass sich Asbeststaubinhalationsfolgen zum ersten Mal im Rahmen der CT-Untersuchung am 17. Mai 2011 dokumentieren ließen. Unter Berücksichtigung des Ausmaßes der pleuralen Veränderungen sei davon auszugehen, dass diese nur computertomgraphisch sichtbar gewesen seien. Im dem G 1.2 Bogen aus dem Jahre 2011 seien keine Ergebnisse von Lungenfunktionsuntersuchungen festgehalten. Erst in dem G 1.2 Bogen vom 14. November 2014 werde von restriktiven Ventilationsstörung ausgegangen. Unter Berücksichtigung der Sollwerte nach EGKS (Referenzwerte der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und der Sollwerte nach der "Global Lung Function Initiative 2012" sei nicht von einer Einschränkung auszugehen gewesen. Somit sei das Vorliegen einer restriktiven bzw. obstruktiven Ventilationsstörung nicht festzustellen gewesen.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 10. November 2016 bei dem Versicherten eine BK nach der Ziffer 4103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung an und datierte den Tag des Versicherungsfalles auf den 17. Mai 2011. Im Rahmen der durchgeführten Lungenfunktionsprüfungen in den Jahren 2011 bis 2014 habe sich eine restriktive bzw. obstruktive Ventilationsstörung noch nicht feststellen lassen, so dass ein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund der Asbestose nicht bestanden habe.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, woraufhin die Beklagte eine fachärztliche Stellungnahme des Pneumologen Dr. D. einholte. In seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 25. April 2017 führte Dr. D. aus, dass 2011 offensichtlich keine suffiziente Lungenfunktionsprüf...