Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenhaus. Vergütung für eine vorstationäre Behandlung. Gute Möglichkeit für die Erforderlichkeit einer vollstationären Behandlung. Vertragsärztliche Verordnung. Diagnose. Prüfung durch den MDK
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Hamburg vom 29.5.2013 - L 1 KR 115/11, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB V § 115a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Sätze 3-4, § 27 Abs. 1, § 39 Abs. 1 S. 1, § 73 Abs. 2 Nr. 7, Abs. 4 S. 2, § 275 Abs. 1c S. 2
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. Oktober 2011 abgeändert.
Die Beklagte wird lediglich verurteilt, an die Klägerin EUR 100,72 nebst 5 % Zinsen seit dem 11. Oktober 2010 zu zahlen und die darüber hinaus gehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für zwei - nach Auffassung der Klägerin - vorstationär erfolgte Krankenhausbehandlungen.
Die 1989 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte M.M. stellte sich am 23. August 2010 in einer von der Klägerin betriebenen Klinik vor und legte dort eine ärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 19. August 2010 vor, die die Diagnose "Mastopathie" enthielt. In dem Patientenfragebogen der Klinik gab die Patientin an, keine Beschwerden zu haben und unter keinen weiteren Erkrankungen zu leiden. Der behandelnde Krankenhausarzt dokumentierte auf dem Formblatt "Ärztliche Anamnese und Befund Plastische Chirurgie" eine Mammaptosis beidseits aufgrund einer Reduzierung des Körpergewichts um 25 kg nach Absetzen einer antidepressiven Medikation. Die Klägerin forderte hierfür bei der Beklagten mit Rechnung vom 22. September 2010 per Datenträgeraustausch eine vorstationäre Pauschale (Allgemeine Chirurgie) in Höhe von EUR 100,72 an.
Am 20. Dezember 2010 stellte sich die Versicherte erneut in der Klinik der Klägerin vor und legte eine ärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 3. Dezember 2010 vor, welche unter der Rubrik "Diagnose" die Angabe "Plastische Chirurgie" enthielt. Anlässlich dieser Vorstellung wurde eine Fotodokumentation erstellt, welche die Versicherte später bei der Beklagten im Rahmen ihrer Antragstellung auf Gewährung einer operativen Mammakorrektur vorlegte. Die Klägerin machte hierfür gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 26. Januar 2011 per Datenträgeraustausch ebenfalls eine vorstationäre Pauschale (Allgemeine Chirurgie) in Höhe von EUR 100,72 geltend.
Aufgrund des Leistungsantrages der Versicherten erstellte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) N. im Auftrag der Beklagten ein Gutachten vom 10. Januar 2011, in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass die beantragte Brustkorrektur nicht in die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung falle, da kein krankhafter Befund vorliege und eine rein kosmetische Operation begehrt werde.
Die Beklagte lehnte daraufhin die Begleichung der Rechnungen gegenüber der Klägerin ab, da Vorbereitungen und Abklärungen zu kosmetischen Operationen nicht in die Leistungspflicht der Krankenkasse fielen.
Die Klägerin hat am 13. April 2011 Klage erhoben und vorgetragen, die Abrechnung der vorstationären Pauschalen sei zutreffend, da aufgrund der angegebenen Diagnosen zunächst habe abgeklärt werden müssen, ob eine behandlungsbedürftige Krankheit vorgelegen habe. Die Patientin habe im Zuge der Behandlungen mitgeteilt, dass sie mit Antidepressiva behandelt worden sei und dass es nach dem Absetzen der Medikation zu einer Gewichtsreduzierung gekommen sei, die zu beidseits hängenden Brüsten mit vermehrtem Schwitzen in den Unterbrustfalten geführt habe. Dies störe beim Sport und es sei der Patientin auch nicht möglich, ohne Sport-BH den Alltag zu bewältigen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die von der Klägerin erbrachte Leistung erfülle weder die Voraussetzungen des § 115a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) noch die des Hamburger Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 10. Oktober 2011 verurteilt, die jeweiligen Rechnungsbeträge an die Klägerin zu zahlen, denn es habe sich in beiden Fällen um vorstationäre Behandlungen gehandelt. Angesichts der ärztlichen Verordnungen habe die Notwendigkeit bestanden abzuklären, ob eine vollstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich war. Daran ändere es nichts, dass die angegebenen Diagnosen recht unklar gewesen seien, denn gerade deshalb seien die untersuchenden Ärzte gehalten gewesen, einen genauen Befund zu erheben. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie die Kosten für die in Betracht kommende stationäre Behandlung nicht tragen müsse, denn durch die vorstationäre Behandlung solle die Erforderlichkeit einer Krankenhausbehandlung erst abgeklärt werden und es sei nicht ersichtlich, dass die Leistungspflicht der Krankenkasse ...