Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld wegen einer Entlassungsentschädigung. Kausalität. Betriebsübergang. Insolvenz des Arbeitgebers. Karenzentschädigung. Wichtiger Grund im Sinne des Sperrzeitrechts. Anspruchsdauer. Zusicherung
Orientierungssatz
1. Hat der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 143a Abs. 1 S. 1 SGB 3 a. F. von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte.
2. Die erforderliche ursächliche Beziehung zwischen dem Anspruch auf Entlassungsentschädigung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht immer dann, wenn der Arbeitnehmer ohne die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Entlassungsentschädigung nicht erhalten hätte. Die Vorschrift setzt nicht voraus, dass die Zahlung durch den Arbeitgeber selbst erfolgt. Auch eine Zahlung des neuen Arbeitgebers nach einem Betriebsübergang als Entlassungsentschädigung führt zum Ruhen des Anspruchs.
3. Die Anwendung der Ruhensvorschrift des § 143a SGB 3 a. F. führt nicht zu einer Minderung des Leistungsanspruchs gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB 3. Die Anspruchsdauer des zustehenden Arbeitslosengeldes bleibt unverändert.
Normenkette
SGB III a.F. § 143a Abs. 1, 2 S. 2 Nr. 3; HGB § 74 Abs. 1; SGB X § 34 Abs. 1
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 wegen einer Entlassungsentschädigung geruht hat.
Der am xxxxx 1957 geborene Kläger war zunächst bis zum 31. Januar 2010 bei der Firma U. beschäftigt. Anlässlich des Verkaufs des Geschäftsbereichs "Special Transport" der Firma U. an die Firma V. schlossen diese beiden Firmen und der Kläger im Januar 2010 eine Überleitungsvereinbarung. In Ziffer 2 dieser Vereinbarung hieß es, der Kläger werde, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwei Jahren ab dem Betriebsübergang aufgrund einer Insolvenz der Firma V. aus betriebsbedingten Gründen ende, eine Abfindung erhalten, die der Abfindung entspreche, die er nach den Bestimmungen des (am 21. Dezember 2009 zwischen der Firma U. und deren Betriebsrat vereinbarten) Sozialplans erhalten hätte, wenn sein Arbeitsverhältnis im Februar 2010 betriebsbedingt gekündigt worden wäre. Mit Beschluss des Amtsgerichts Landshut vom 28. November 2011 (Az.: IN 840/11) wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Firma V. eröffnet.
Am selben Tage schlossen der Kläger und die Firma V. diese vertreten durch den Insolvenzverwalter einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. November 2011 sein Ende finden sollte (§ 1 des Vertrages). In § 4 des Vertrages hieß es, der Kläger habe Anspruch auf eine "Abfindung aus dem Sozialplan" vom 21. Dezember 2009. Ausweislich § 7 des Vertrages wurde der Kläger ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Ruhenszeit wegen Nichteinhaltung der Kündigungsfrist hingewiesen. Die Firma U. ging ausweislich ihres Schreibens vom 23. Dezember 2011 davon aus, dass dem Kläger ein "Abfindungsanspruch gemäß Überleitungsvereinbarung / Sozialplan" in Höhe von 40.210,94 Euro brutto zustehe.
Am 18. November 2011 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Beklagte holte eine Arbeitgeberauskunft der Firma V. ein, wonach das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag geendet habe, andernfalls sei eine Kündigung zum 29. Februar 2012 beabsichtigt gewesen.
Mit Bescheid vom 27. Dezember 2011 stellte die Beklagte unter Hinweis auf die Entlassungsentschädigung ein Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 fest. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2011 bewilligte sie Alg für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 30. Dezember 2012 unter Zugrundelegung eines monatlichen Zahlbetrages von 915.- Euro. Weiter hieß es in dem Bescheid, es bestehe in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 kein Leistungsanspruch angesichts einer Entlassungsentschädigung, weiter bestehe in der Zeit vom 16. bis zum 20. Dezember 2011 auch wegen Ortsabwesenheit kein Anspruch.
Zur Begründung seines am 4. Januar 2012 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, er habe die "Abfindung" nicht von seinem letzten Arbeitgeber erhalten, sondern von der Firma U ... Weiterhin habe er die Frist zur ordentlichen Kündigung nicht einhalten können, da es die Firma nicht mehr gebe. Ein Ruhen des Leistungsanspruchs trete auch deshalb nicht ein, weil er für eine Kündigung einen wichtigen Grund gehabt habe (Nichtzahlung des Gehalts). Zur Frage des Ruhens seien im Übrigen auch unterschiedli...