Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Rentengewährung durch verschiedene nationale Versicherungsträger für identische Beitragszeiten

 

Orientierungssatz

1. Sind Rentenversicherungsbeiträge für einen ungarischen Staatsangehörigen an die ungarische und nicht an die deutsche Rentenversicherung entrichtet worden, so sind für die entsprechenden Zeiträume keine deutschen Beitragszeiten zurückgelegt. Zur deutschen Rentenversicherung entrichtete Beiträge sind bei der von dieser zu zahlenden Rente zu berücksichtigen. Eine einheitliche europäische Rente gibt es nicht.

2. Hat eine Beitragspflicht zur deutschen Rentenversicherung zu keinem Zeitpunkt bestanden und sind Beiträge zur deutschen Rentenversicherung weder der früheren DDR noch der BRD entrichtet worden, so ist eine Anrechnung von Beiträgen durch den deutschen Rentenversicherungsträger ausgeschlossen.

3. Es ist gesetzlich ausgeschlossen, dass ein Versicherter für identische Beitragszeiten zwei Renten erhält. Dies ist auch europäisches Recht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.10.2020; Aktenzeichen B 5 R 131/20 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. September 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der Altersrente des Klägers, wobei der Kläger insbesondere begehrt, 23 Beitragsjahre, in denen er zwar in Deutschland gearbeitet hat, für die jedoch Beiträge zur ungarischen Rentenversicherung entrichtet worden sind, rentensteigernd zu berücksichtigen.

Der am 8. Juli 1951 geborene verheiratete Kläger bezog ab dem 1. Februar 2011 bis zum 31. Juli 2011 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und ab dem 1. August 2011 bis zum 31. Juli 2014 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Bereits die Renten wegen Erwerbsminderungen waren als zwischenstaatliche Rente berechnet worden. Hierbei hatte die Beklagte der Rente insgesamt 15,6034 Punkte zu Grunde gelegt, von denen 6,4619 Punkte auf deutsche Zeiten ohne Zurechnungszeit, 0,21 Punkte auf Zurechnungszeit und 8,9315 Punkte auf ausländische Zeiten entfielen. Hieraus errechnete die Beklagte ein Verhältnis der Summe der Entgeltpunkte aus den deutschen Zeiten zur Summe der Entgeltpunkte aus deutschen und ausländischen Zeiten von 0,419783. Damit ergaben sich für die zwischenstaatliche Rente 6,5500 Entgeltpunkte, von denen 0,6927 Entgeltpunkte und 5,8573 Entgeltpunkte Ost waren.

Bereits gegen die (niedrige) Höhe seiner Erwerbsminderungsrenten hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, der letztendlich mit bestandskräftigem Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2014 zurückgewiesen worden war.

Auf seinen über die Beklagte gestellten Antrag auf Altersrente beim ungarischen Versicherungsträger wurde dem Kläger ab dem 8. Juli 2013 (mit Vollendung des 62. Lebensjahres) eine ungarische Altersrente in Höhe von 80.535,00 HUF bewilligt (dies entsprach nach dem seinerzeit gültigen Umrechnungskurs ca. 273,00 €).

Auf seinen Antrag vom 20. Juli 2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 11. Juli 2014 Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit einem Rentenbeginn am 1. August 2014 in Höhe von 159,00 € brutto. Zur Begründung hieß es unter anderem, die Rente werde unter Berücksichtigung der Europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit festgestellt. In der Anlage 1 dieses Bescheides hieß es unter anderem, bei der zwischenstaatlichen Berechnung würden die Entgeltpunkte zunächst so ermittelt, als wären die in allen EU-Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten ausschließlich nach deutschem Recht zurückgelegt. Aus allen Entgeltpunkten werde nach dem Verhältnis der Entgeltpunkte für deutsche Zeiten zu den Entgeltpunkten für alle Zeiten (jeweils ohne Zurechnungszeit) die zwischenstaatliche Rente berechnet. Die persönlichen Entgeltpunkte betrügen für die zwischenstaatliche Rente 0,6926 woraus sich unter Berücksichtigung des Rentenartfaktors von 1,0 und des aktuellen Rentenwertes ein Monatsteilbetrag von 19,82 € ergebe. Die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) betrügen für die zwischenstaatliche Rente 5,2741, woraus sich unter Berücksichtigung des Rentenartfaktors von 1,0 und des aktuellen Rentenwertes (Ost) von 26,39 € ein zwischenstaatlicher Monatsteilbetrag von 139,18 € errechne. In der Summe betrage die Rente damit 159,00 € brutto. Aus den dem Rentenbescheid beigefügten Versicherungsverlauf ergibt sich, dass beginnend mit dem 1. September 1967 bis einschließlich 19. Februar 1993 ausschließlich ausländische, ungarische Pflichtbeitragszeiten bzw. gleichgestellte Zeiten berücksichtigt worden sind. Deutsche Beitragszeiten fanden erst ab dem 16. August 1993 Berücksichtigung, wobei für den Kläger bis zum Beginn der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung überwiegend Zeiten des Bezuges von Lohnersatzleistungen (ALG I und ALG II) gespeichert sind.

Gegen die Rentenberechnung und die Rentenhöhe richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 4. ...

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