Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von nach dem AufAG erstatteten Arbeitgeberaufwendungen. maschinell erstellte Auflistungen der Krankenkassen über Erstattungsbeträge stellen mangels Regelungswirkung keine Verwaltungsakte dar
Leitsatz (amtlich)
Schriftliche Mitteilungen von Krankenkassen über die Höhe des Erstattungsbetrages für Krankheits-/Mutterschaftsaufwendungen stellen nicht notwendigerweise Verwaltungsakte dar, die vor einer Rückforderung auf der Grundlage von § 4 Abs 2 AAG (juris: AufAG) zunächst aufzuheben wären.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Rostock vom 26. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von nach dem Aufwendungsausgleichgesetz (AAG) erstatteten Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen (U1-Verfahren). Nach einem erstinstanzlichen Teilanerkenntnis der Beklagten ist noch ein Rückforderungsbetrag in Höhe von ca. 6.500 € streitig.
Die Klägerin war Inhaberin der Firma BBP B. A. und beschäftigte in ihrem Unternehmen bis zu 10 Arbeitnehmer, darunter auch ihren Ehemann, Herrn A. Mit mehreren Anträgen aus Januar 2012 beantragte ein Herr Y. bei der Beklagten im Namen der Klägerin Erstattungen nach §§ 1, 2 AAG. Konkret machte er Ansprüche auf Erstattung von geleisteten Lohnfortzahlungen für jeweils dreitägige Krankheitszeiten der Arbeitnehmer der Klägerin A. und C. im Zeitraum vom 10. November 2008 bis zum 27. Dezember 2010 geltend. Hierbei verfügte er über eine von der Klägerin unterzeichnete und mit einem Firmenstempel versehene Vollmacht der Klägerin vom 02. Januar 2012, die ihn befugte, in ihrem Namen Fehlzeiten ihrer Mitarbeiter “aus den Vorjahren im Rahmen der U1 und U2 nach dem AAG„ mit der Beklagten abzurechnen. Die Vollmacht umfasste die Berechtigung, Erstattungsbeträge entgegenzunehmen, welche auf ein in der Vollmacht bezeichnetes Konto des Y. zu überweisen seien.
Mit insgesamt vier Schreiben vom 06., 14., 16. und 19. Januar 2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass auf entsprechende Erstattungsanträge hin insgesamt 6.542,72 € für Krankheits- bzw. Mutterschaftsaufwendungen für die jeweils namentlich benannten Mitarbeiter überwiesen worden seien. Weitere 310,78 € seien dem Beitragskonto der Klägerin gutgeschrieben worden. Die Erstattungsbeträge betrafen ganz überwiegend Krankzeiten des Ehemanns der Klägerin A. (insgesamt 6.182,72 €), im Übrigen des Mitarbeiters C.
In der Folge einer Strafanzeige der Techniker Krankenkasse (TKK) kam es im Frühjahr/Sommer 2012 zu strafrechtlichen Ermittlungen u.a. gegen Y. Dabei wurde bekannt, dass ein ehemaliger Sachbearbeiter einer Krankenkasse und zahlreiche Komplizen in den Jahren 2011 und 2012 die Erstattung von Aufwendungen für Lohnfortzahlung für fingierte Krankheitsfälle herbeigeführt hatten. Hierbei gingen sie regelmäßig so vor, dass sie sich mit Arbeitgebern in Verbindung setzten, diesen die Möglichkeiten des AAG erläuterten und Ausgleichszahlungen bzw. eine Verringerung der Personalkosten in Aussicht stellten. Die Arbeitgeber erteilten daraufhin die notwendigen Vollmachten, erklärten ihr Einverständnis mit der Überweisung der Erstattungsleistungen auf Konten der Täter und übergaben ihre Personalunterlagen. Die so bevollmächtigten Personen stellten dann für fingierte, frei erfundene Fehlzeiten Anträge auf Erstattung der Aufwendungen für Lohnfortzahlung. Die Erstattungsleistungen wurden von den Tätern vereinbarungsgemäß im Wesentlichen als “Honorar„ einbehalten und im Übrigen an die Arbeitgeber ausgezahlt. Das Landgericht Lübeck hat einzelne Täter wegen gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt.
Da bei der TKK auch Erstattungen für Mitarbeiter der Klägerin geltend gemacht worden waren, wurden die Klägerin und ihr Ehemann am 23. August 2012 als Zeugen polizeilich vernommen. Die Klägerin erklärte hierbei gegenüber der Polizei, dass ihr Ehemann auf einer Baustelle von einem “Wirtschaftsprüfer„ gehört habe, der einen Weg gefunden habe, dass die Krankenkassen Rückerstattungen zu leisten haben. Sie und ihr Ehemann hätten sich daraufhin im Dezember 2011 mit den Herren E. und F. getroffen, die ihnen Rückerstattungen der Krankenkassen in Aussicht gestellt hätten. Sie habe dabei eine (aktenkundige) Einverständniserklärung unterzeichnet, wonach Y. 65% der Rückerstattungen und sie selbst die übrigen 35% erhalten sollten. Sie habe die Lohn- und Gehaltsunterlagen von 2008 bis 2011 übergeben und vereinbart, dass sie von den Krankenkassen eingehende Erstattungsabrechnungen an eine von E. und F. angegebene Telefax-Nummer weiterleiten werde. Bei einem Treffen im Februar 2012 in Wismar seien ihrem Ehemann von K. 1.600 € in bar übergeben worden. Dass es um die Erstattung geleisteter Lohnfortzahlungen gegangen sei, sei ihr nicht bewusst gewesen. Sie habe angenommen, dass es sich um überzahlte Beiträge hand...