Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vergabenachprüfungsverfahren. keine Verfahrensunterbrechung bei Insolvenz eines Bieters. Antragsbefugnis
Leitsatz (amtlich)
1. Im Fall der Insolvenz eines Bieters ist ein Vergabenachprüfungsverfahren nicht unterbrochen. Die Vorschrift des § 240 ZPO findet keine entsprechende Anwendung. Nach Sinn und Zweck des Vergaberechts und der prozessualen Gestaltung des Vergabenachprüfungsverfahrens ist eine Unterbrechung im Hinblick auf die Sicherung des Versorgungsauftrages der Krankenkassen und das besondere Beschleunigungsgebot nicht geboten. Zudem ist die Insolvenzmasse durch die Chance auf einen Zuschlag nicht berührt.
2. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn ein Bieter eine subjektive Verletzung in eigenen Rechten gemäß § 97 Abs 7 GWB nicht substantiiert darlegt. Wer ein unvollständige Angebot vorlegt, hat darzulegen, warum gleichwohl eine Rechtsverletzung bzw Schädigung möglich sein soll.
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 18. August 2008 gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Landes bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern vom 01. August 2008 - ... - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Eilantrages gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB. Sie hat der
Antragsgegnerin und den Beigeladenen zu 3., 4., 6. und 8. ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren zu erstatten. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 375.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt in diesem Vergabeverfahren die Untersagung der Zuschlagserteilung durch die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin führt ein offenes Ausschreibungsverfahren zum Abschluss von Versorgungsverträgen gemäß § 127 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über Leistungen zur Versorgung mit Gehhilfen und Kranken-/Behindertenfahrzeugen. Die Antragstellerin gab auf eines der ausgeschriebenen 18 Regionallose ein Angebot (Los 18) ab. Die Antragsgegnerin schloss die Antragstellerin auf der zweiten Wertungsstufe wegen eines fehlenden Qualifikationsnachweises über die fachliche Eignung aus, woraufhin die Antragstellerin wie auch weitere Antragsteller Vergaberechtsverstöße rügte. Schließlich hat sie am 04. Juli 2008 zusammen mit 17 anderen Unternehmen einen Nachprüfungsantrag, gerichtet auf Aufhebung der Ausschreibung, gestellt.
Die 3. Vergabekammer bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Mecklenburg-Vorpommern hat diesen Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 01. August 2008 verworfen ( ). Zur Begründung hat die Vergabekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag mangels Antragsbefugnis unzulässig sei. Die Voraussetzungen einer Streitgenossenschaft lägen nicht vor. Jeder Antragsteller müsse in einem Vergabeverfahren in seinen eigenen Rechten betroffen sein. Es fehle den Antragstellern auch das erforderliche Interesse am Auftrag, da sie nur das Ausschreibungsverfahren torpedieren wollten. Es erscheine auch ausgeschlossen, dass alle vertretenen Antragsteller bei der neuen Ausschreibung zum Zuge kommen könnten.
Gegen die vorgenannte Entscheidung der Vergabekammer haben die Antragsteller am 18. August 2008 sofortige Beschwerde beim OLG Rostock eingelegt, welches diese an das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern mit Inkrafttreten der Rechtswegzuweisung zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit abgegeben hat (vergleiche § 29 Abs. 5 SGG, § 116 Abs. 3 GWB).
Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 05. Mai 2009 (L 6 B 17/09) die fragliche Zulässigkeit der Streitgenossenschaft erörtert, woraufhin die Antragsteller - mithin auch diese Antragstellerin - gleichwohl beantragt haben,
1. den Beschluss der Vergabekammer vom 01. August 2008 Az. bei dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus des Landes Mecklenburg-Vorpmmern aufzuheben,
2. der Antragsgegnerin zu untersagen, im Vergabeverfahren Versorgung der Versicherten mit Gehhilfen und Kranken-/Behindertenfahrzeugen einen Zuschlag zu erteilen,
3. der Beschwerdegegnerin die Kosten des Verfahrens sowie des Nachprüfungsverfahrens aufzuerlegen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2. den Antragstellern die Kosten des Verfahrens einschließlich die für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,
3. festzustellen, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerin notwendig war.
Die Beigeladenen zu 3., 4., 6. und 8. beantragen,
die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten jeweils für notwendig festzustellen.
Der Senat hat nach Zwischenberatung in der mündlichen Verhandlung das Verfahren in 18 eigene Verfahren der jeweiligen Antragsteller mit eigenem Aktenzeichen getrennt. Mit der Trennung hat der Senat den Antragstellern jeweils aufgegeben, bis zum 26. Mai 2009 darzulegen, durch we...