Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Erlaubnis bzw. deren Verlängerung zur Arbeitnehmerüberlassung wegen fehlender Zuverlässigkeit des Verleihers

 

Orientierungssatz

1. Nach § 1 Abs. 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten Arbeitnehmer im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen, der Erlaubnis. Die Erlaubnis bzw. deren Verlängerung ist nach § 3 Abs. 1 AÜG zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für die Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.

2. Eine vom Arbeitnehmerüberlasser mit Arbeitnehmern getroffene Rahmenvereinbarung, auf deren Grundlage für einzelne Arbeitseinsätze Einzelvereinbarungen geschlossen werden, verstößt gegen die Grundsätze der Arbeitnehmerüberlassung und die Rechte der Leiharbeitnehmer, welche hierdurch in eine rechtlich unsichere Situation geraten können. Eine solche Verfahrensweise verstößt gegen das Garantielohnprinzip.

3. Wird der Lohnanspruch des Leiharbeitnehmers an den tatsächlichen Einsatz gekoppelt, so wird mit einer solchen Vertragsgestaltung der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf den Garantielohn umgangen.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Rostock vom 26. September 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen die Versagung der Verlängerung ihrer bis zum 25.07.2019 gültigen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Die Antragstellerin ist im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Sie beschäftigt in diesem Bereich durchschnittlich etwa 186 Arbeitnehmer. Dabei handelt es sich ausschließlich um Studenten, die auf geringfügiger Basis geführt werden. Der Einsatz erfolgt insbesondere in den Bereichen Housekeeping, Gepäckverladung und- verbringung, Bürohilfstätigkeiten, Aushilfsarbeiten in der Gastronomie und Eventbetreuung.

Anfang 2016 beantragte die Antragstellerin erstmalig die Erteilung einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Im Rahmen der Prüfung durch die Antragsgegnerin wurden bereits zu diesem Zeitpunkt folgende Punkte beanstandet: Nichtbeachtung des Gleichstellungsgrundsatzes, Fehlen der Regelungen zum Garantielohnanspruch, Fehlen eindeutiger Arbeitszeitvereinbarungen. Die Antragstellerin ergänzte die eingereichten Musterverträge um die fehlenden Regelungen, so dass die Antragsgegnerin ihr mit Bescheid vom 21. Juli 2016 die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung vom 26. Juli 2016 bis zum 25. Juli 2017 erteilte.

Die Antragsgegnerin wies die Antragstellerin ausdrücklich darauf hin, dass diese bei einer Überlassung den Gleichstellungsgrundsatz des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AÜG erfüllen müsse. Dies bedeute, dass sie die verbindlich eingereichten Leih- und Arbeitnehmerüberlassungsvertragsmuster auch tatsächlich in dieser Form nutzen müsse, sich vom Entleiher vor Beginn der Überlassung Auskünfte zu allen wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer seines Betriebes geben lassen müsse, diese Arbeitsbedingungen den Leiharbeitnehmern mindestens gewähren und Nachweis darüber führen müsse.

Im April 2017 beantragte die Antragstellerin eine Verlängerung der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung bei der Antragsgegnerin. Sie reichte aktuelle Vertragsmuster ein. Die Antragsgegnerin verlängerte mit Bescheid vom 18. Juli 2017 danach die bestehende Erlaubnis bis zum 25. Juli 2018.

Im April 2018 beantragte die Antragstellerin wiederum die Verlängerung der bestehenden Arbeitserlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Am 20. Juni 2018 erfolgte durch die Mitarbeiter der Antragsgegnerin erstmals eine Stichprobenprüfung bei der Antragstellerin. Mit Anhörungsschreiben vom 04. Juli 2018 beanstandete die Antragsgegnerin u.a., dass mit den Arbeitnehmern grundsätzlich eine in der Arbeitnehmerüberlassung unzulässige projektbezogene Befristung gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG vereinbart worden sei. Zudem sei in mehreren Fällen gegen die Entgeltfortzahlung bei Nichtbeschäftigung, den sogenannten Garantielohnanspruch, verstoßen worden, da nur die erarbeiteten Stunden vergütet worden und nicht die vertraglich zugesicherten Mindeststunden ausgezahlt worden seien. In einer Vielzahl von Personalfällen sei zu beanstanden gewesen, dass bei den vereinbarten Leiharbeitnehmern die jeweils vertraglich vereinbarten monatlichen Arbeitszeitvolumina teilweise erheblich von den tatsächlich geleisteten Stunden abgewichen seien.

Hierzu nahm die nunmehr anwaltlich vertretene Antragstellerin wie folgt Stellung:

Sie räume Versäumnisse in der Vertragsgestaltung ein und sei um die Umgestaltung der Verträge bemüht. Sie habe den Willen, sich zukünftig rechtskonform zu verhalten. Es sei eine komplette Umgestaltung der Arbeitsverträge erfolgt. Alle in der Anhörung geltend gemachten Beanstandungen seien ausgeräumt worden. Da es sich bei sämtlichen Mitarbeitern um Studenten handele, die hauptberuflich ihrem Studium nachge...

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