Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft durch den Grundsicherungsträger - gerichtliche Überprüfung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Bewilligung der angemessenen Kosten für die Unterkunft gemäß § 22 SGB 2 durch den Träger der Grundsicherung kommt es für die Bestimmung des maßgeblichen Mietpreisniveaus entscheidend darauf an, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG Urteil vom 20. 8. 2009, B 14 AS 65/08 R).

2. Aufgabe des Sozialgerichts ist es, die von den Kommunen erlassenen Richtlinien auf die Schlüssigkeit des Konzepts hin zu prüfen und hierüber zu entscheiden.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 03.07.2019 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Der Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt D. wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2020, wobei insbesondere die Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten in Streit steht.

Der 1970 geborene Antragsteller steht seit Jahren im Leistungsbezug des Antragsgegners. Er bewohnte ursprünglich eine ca. 30 m² große Wohnung in der R-Straße in A-Stadt. Die Unterkunftskosten für diese Wohnung beliefen sich auf insgesamt 262,00 € monatlich. Am 04.08.2016 stellte der Antragsteller bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Umzugskostenübernahme für einen geplanten Umzug innerhalb seines Wohnortes in A-Stadt. Zur Begründung führte er aus, er sei seit 2012 als schwerbehinderter Mensch anerkannt und benötige aufgrund seiner Erkrankungen mehr Wohnfläche, um einzelne Fitnessgeräte aufzustellen/anzubringen und eine Gymnastikmatte gefahrlos auszubreiten. Mit Bescheid vom 09.08.2016 lehnte der Antragsgegner den Antrag mit der Begründung ab, ein Umzug sei nicht erforderlich.

Im November 2016 mietete der Antragsteller zum 01.01.2017 eine ca. 46 m² große Wohnung in der A-Straße in A-Stadt an. Die Gesamtmiete der Wohnung belief sich auf 360,00 €. Ab Januar 2017 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller weiterhin nur Unterkunftskosten in Höhe von 262,00 € monatlich.

Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 03.06.2019 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller mit Bescheid vom 11.06.2019 für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2020 Leistungen in Höhe von monatlich insgesamt 686,00 € (424,00 € Regelbedarf zzgl. 262,00 € Unterkunftskosten).

Hiergegen legte der Antragsteller am 17.06.2019 Widerspruch ein, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2019 als unbegründet zurückwies. Dagegen hat der Antragsteller am 28.06.2019 Klage beim Sozialgericht Schwerin erhoben, welche noch in erster Instanz anhängig ist (Az: S 13 AS 498/19).

Am 24.06.2019 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Schwerin einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Er hat geltend gemacht, dass der Antragsgegner ihm die Differenz zu seinen tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 98,00 € monatlich zu gewähren habe, da der Umzug aus gesundheitlichen Gründen erforderlich gewesen sei. Der Antragsteller hat insoweit Bezug genommen auf den Beschluss des Sozialgerichts Schwerin vom 29.07.2018, Az.: S 13 AS 570/18 ER, mit welchem der Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet worden war, ihm für den vorangegangenen Bewilligungszeitraum Juli 2018 bis Juni 2019 vorläufig die vollständigen Unterkunftskosten zu gewähren.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller vorbehaltlich einer bestandskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch vom 17.06.2019 sowie einer rechtskräftigen Entscheidung über seine Klage vom 28.06.2019, Az.: S 13 AS 498/19, gegen den Bewilligungsbescheid vom 11.06.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.06.2019 für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2020 weitere Unterkunftskosten von monatlich 98,- € zu gewähren.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat auf seine Ausführungen im Verfahren S 13 AS 570/18 verwiesen, in welchem folgendes vorgetragen worden war:

Der Antragsteller habe schon keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Unterkunftskosten ergebe sich dies daraus, dass eine konkrete Gefährdung der Existenz des Antragstellers nicht erkennbar sei. Es drohe insbesondere keine bevorstehende Wohnungslosigkeit.

Im Übrigen bestehe auch kein Anordnungsanspruch, da der Umzug in die aktuelle Wohnung des Antragstellers nicht erforderlich gewesen sei und deshalb gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur die Aufwend...

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