Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktive Seemannszeiten auf Fährschiffen der Deutschen Reichsbahn
Orientierungssatz
Zur Frage, ob die Seeleute auf Fährschiffen der Deutschen Reichsbahn in der ehemaligen DDR fiktive Seemannszeiten nach § 24a der Satzung der Seemannskasse zurückgelegt haben.
Tatbestand
Streitig ist, ob Zeiten in denen der Kläger als Seemann auf Fährschiffen der Deutschen Reichsbahn (DR) tätig gewesen ist, bei der Wartezeit für Leistungen der Beklagten nach ihrer Satzung (SSmK) anzurechnen sind.
Der ... 1939 geborene Kläger hat in der Zeit von August 1963 bis März 1993 mit Unterbrechungen Fahrtzeiten auf Fährschiffen der DR zurückgelegt. Ab dem 01. April 1993 werden vom Kläger unstreitig als Arbeitnehmer der Deutschen Fährgesellschaft Ostsee mbH (DFO) Fahrtzeiten im Sinne der SSmK zurückgelegt.
Aufgrund eines Antrages des Klägers aus dem Oktober 1994, seine Fahrtzeiten auf Fährschiffen der Deutschen Reichsbahn als Seefahrtzeiten im Sinne der SSmK anzuerkennen, wurde er von der Beklagten mit Bescheid vom 10. April 1995 mit Wirkung vom 01. April 1993 von der Verpflichtung zur Zahlung von Arbeitnehmerbeiträgen befreit.
Dagegen erhob der Kläger am 08. Mai 1995 Widerspruch.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. April 1996 zurück und führte unter anderem zur Begründung aus, der Widerspruchsführer sei seit August 1963 wiederholt auf Fährschiffen der ehemaligen Deutschen Reichsbahn zur See gefahren. Er hätte beantragt, diese Fahrtzeiten als Seefahrtzeiten nach ihrer Satzung anzuerkennen. Im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bundesbahn seien die betreffenden Fährschiffe zum 01. April 1993 der neu gegründeten DFO übertragen worden. Der Kläger unterliege aufgrund seiner seemännischen Tätigkeit seither grundsätzlich der Beitragspflicht zur Beklagten. Dem Antrag auf Anerkennung der auf Fährschiffen der DR erworbenen Seefahrtzeiten auf die Vorversicherungszeit beim Überbrückungsgeld hätte nicht entsprochen werden können. Da der Kläger nach Überprüfung durch die Beklagte die erforderliche Vorversicherungszeit nicht mehr erfüllen könnte, sei sein Antrag vom 04. Oktober 1994 als Antrag auf Befreiung von der Beitragspflicht nach § 20 Abs. 5 der SSmK gedeutet worden. Diesem Antrag hätte die Beklagte sodann mit Bescheid vom 10. April 1995 entsprochen. Die Beklagte hätte zur Gewährung von Überbrückungsgeldern an Seeleute, die aus der Seefahrt ausscheiden würden, eine nicht selbständige Seemannskasse mit eigenem Haushalt eingerichtet. Rechtsgrundlage dafür sei § 891 a der Reichsversicherungsordnung (RVO). Bei der Beklagten seien Seeleute, die auf Seefahrzeugen gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung ohne Entgelt rentenversicherungspflichtig beschäftigt und bei der See-Berufsgenossenschaft unfallversichert seien, versichert (§ 7 Nr. 1 SSmK). Für die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen würden die versicherungspflichtigen Seefahrtzeiten nach § 7 mit entsprechenden Zeiten im Beitrittsgebiet zusammengerechnet (§ 24 a SSmK). Aus dieser Übergangsvorschrift für Seeleute aus den neuen Bundesländern ergebe sich, daß nur Seefahrtzeiten auf Seeschiffen der ehemaligen DDR angerechnet werden könnten, die den Zeiten nach § 7 SSmK entsprechen würden. Der Kläger sei auf Fährschiffen der ehemaligen DR beschäftigt gewesen. Auf die Vorversicherungszeit für den Bezug eines Überbrückungsgeldes könnten jedoch nur Fahrtzeiten angerechnet werden, in denen die Seeleute bei der See-Berufsgenossenschaft gegen Unfall versichert gewesen wären (§ 24 SSmK). Nach § 24 a der SSmK gelte dieses gleichermaßen für Seeleute aus den neuen Bundesländern, das bedeute, dass die Seeleute bei der See-Berufsgenossenschaft gegen Unfall versichert gewesen sein müssten. Das fahrende Personal der Fährschiffe der ehemaligen DR hätte nicht zu den bei der See-Berufsgenossenschaft versicherten Seeleuten, daher auch nicht zum versicherten Personenkreis in der Seemannskasse gehört. Es genüge nicht, wie vom Kläger vorgetragen werde, daß die betreffenden Fährschiffe Kauffahrteischiffe gewesen seien bzw. eine entsprechende Musterung an Bord erforderlich gewesen sei; entscheidend sei, daß es sich bei der ehemaligen DR um eine mit der Deutschen Bundesbahn vergleichbare Behörde gehandelt hätte. Aktive oder ehemalige Beschäftigte auf Staats- oder Behördenschiffen, die der Eigentümer (Bund, Land usw.) in sogenannter Eigenversicherung hätte -- §§ 653 ff. i.V.m. § 850 Abs. 3 RVO -- seien demnach auch nicht bei der Seemannskasse versichert und könnten gegen diese Ansprüche aus Seefahrtzeiten des Öffentlichen Dienstes nicht herleiten. Die vom Kläger erworbenen Seefahrtzeiten auf den betreffenden Fährschiffen könnten daher auf die Vorversicherung für das Überbrückungsgeld auch nicht angerechnet werden. Von der Beitragspflicht würden auf Antrag versicherte Beschäftigte befreit, die das 45. Lebensjahr vollendet hätten und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug eines Überbrückungsgeldes nicht mehr ...