Entscheidungsstichwort (Thema)
Persönliche Arbeitslosmeldung als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld - Erlöschen bei fehlender Verfügbarkeit
Orientierungssatz
1. Nach § 122 Abs. 1 S. 1 SGB 3 a. F. hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Arbeitsagentur arbeitslos zu melden.
2. Die Wirkung einer Arbeitslosmeldung erlischt nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 SGB 3, wenn der Gemeldete nicht verfügbar und damit nicht arbeitslos ist. Das gilt bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, fehlenden Eigenbemühungen und krankheitsbedingter Nichtverfügbarkeit.
3. Aus gesundheitlichen Gründen ist nicht verfügbar, wer eine 15-stündige versicherungspflichtige Beschäftigung nicht ausüben kann.
4. Die fehlende Arbeitslosmeldung kann nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ersetzt werden.
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 9. Dezember 2015 aufgehoben, soweit die Beklagte darin verurteilt wurde, der Klägerin Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 4. Februar 2001 bis 1. April 2001 und ab 19. August 2002 bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer zu gewähren und die Klage insoweit abgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 9. Dezember 2015 aufgehoben, soweit die Beigeladene zu 1. darin verurteilt wurde, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 4. November 2015 der Klägerin Krankengeld für den Zeitraum vom 2. April 2001 bis 18. August 2002 nach dem SGB V zu gewähren und die Klage insoweit abgewiesen.
3. Außergerichtliche Kosten haben die Beklagte und die Beigeladenen der Klägerin nicht zu erstatten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeiträume vom 4. Februar 2001 bis 1. April 2001 und vom 19. August 2002 bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer sowie die Zahlung von Krankengeld für den Zeitraum vom 2. April 2001 bis 18. August 2002. Streitig ist insbesondere, welche Rechtsfolgen für den Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld ab 4. Februar 2001 aufgrund des für den Zeitraum 29. September 2000 bis 15. Dezember 2000 zuerkannten Anspruchs auf Verletztengeld entstehen.
Die im Jahre 1944 geborene Klägerin ist gelernte Wirtschaftskauffrau und hatte zuletzt von Dezember 1992 bis März 1994 als Sachbearbeiterin/Gruppenleiterin Abrechnung für ein Energieunternehmen gearbeitet. Sie erlitt während dieser Tätigkeit im Jahre 1993 einen Arbeitsunfall, nachdem sie auf dem Weg zum Telefon stolperte und sich eine Knöchelfraktur rechts zuzog. Nach Ende der Beschäftigung bezog die Klägerin ab April 1994 abwechselnd Arbeitslosengeld, Krankengeld, Übergangsgeld oder Verletztengeld. Ab 1. Dezember 1995 wurde der Klägerin zudem eine Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente und ab 1. Dezember 2000 eine Verletztenrente in Höhe von 30 v.H. durch die Beigeladene zu 2. zuerkannt. Der Rentenversicherungsträger lehnte den Antrag der Klägerin auf Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit (seit 2001 „Erwerbsminderung“) im Jahre 1999 ab. Die daraufhin erhobene Klage wies das Sozialgericht Stralsund (Az. S 2 RA 63/99) nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 9. Januar 2001 ab, weil eine Erwerbsminderung nicht festgestellt werden konnte. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern (Az. L 4 RA 15/01) wies die Berufung mit Urteil vom 12. Februar 2003 unter Auswertung weiterer Befundberichte zurück. Seit 1. Oktober 2004 bezieht die Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Die Klägerin bezog zunächst bis zum 14. März 1998 Arbeitslosengeld. Infolge ab 1. Februar 1998 bestehender Arbeitsunfähigkeit erhielt sie sodann Kranken- und Übergangsgeld. Nach Aussteuerung durch die Krankenkasse mit Ablauf des 31. Juli 1999 bewilligte ihr die Beklagte auf ihren Antrag vom 9. Juli 1999 für den 1. August 1999 sowie nach einer anschließenden medizinischen Rehabilitationsmaßnahme mit Bezug von Verletztengeld auf ihren Antrag vom 21. August 1999 hin ab 24. August 1999 vorläufig Arbeitslosengeld mit einer Restbezugsdauer von 530 Tagen. Wegen erneuter Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ab 15. Februar 2000 bis einschließlich 31. März 2000 hob die Beklagte zunächst die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 29. März 2000 auf. Nachdem die Klägerin mitgeteilt hatte, dass nach Auskunft des Krankenversicherungsträgers kein erneuter Anspruch auf Krankgeld bestehe, zahlte die Beklagte das Arbeitslosengeld nahtlos ab dem 29. März 2000 weiter, gab ein Gutachten zur Prüfung der Leistungsfähigkeit in Auftrag und bewilligte mit Bescheid vom 3. Mai 2000 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Juli 2000 und 28. August 2000 vorläufig Arbeitslosengeld ab dem 1. April 2000 für die Dauer von noch 309 Tagen. Auch im Rahmen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vom 15. August bis 15. Dezember 2000 erfolgte eine durchgehende Zahlung des Arbeitslosengeldes. Anders als in der zunächst vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. H. vom 15. August 2000 war hierbei in den weitere...