Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergangsrecht. ehemalige DDR. Anerkennung eines Arbeitsunfalles vor dem 31.12.1991. Bestandskraft. Kenntnis des zuständigen Unfallversicherungsträgers nach dem 31.12.1993

 

Orientierungssatz

Die Ausschlussregelung des § 1150 Abs 2 S 2 Nr 1 RVO ist für einen vor dem 1.1.1992 in der ehemaligen DDR anerkannten Arbeitsunfall nicht anwendbar, da der Verwaltungsakt gem. Art 19 S 1 EinigVtr auch gegenüber dem ab 1.1.1991 zuständigen Unfallversicherungsträger bindend geblieben ist, auch wenn diesem der Unfall erst nach dem 31.12.1993 bekanntgeworden ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.12.2000; Aktenzeichen B 2 U 8/00 R)

 

Tatbestand

Der ... 1953 geborene Kläger unterbrach am 24. Januar 1978 mit Erlaubnis seines Einsatzleiters seine berufliche Tätigkeit für eine Stunde, um beim Kreisgericht die Rechtsberatung aufzusuchen. Auf der Rückfahrt vom Kreisgericht zur Arbeitsstelle verunglückte der Kläger mit seinem Pkw auf der F 106. Dabei erlitt er Frakturen des Oberschenkels und des Jochbeins. Aufgrund des Unfalls wurde er vom 24. Januar bis zum 31. März 1978 in der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses W stationär behandelt. Nachfolgend wurde er physiotherapeutisch ambulant weiter behandelt. Der Unfall wurde am 30. Mai 1978 von der Betriebsgewerkschaftsleitung des Betriebes "ZBO Aufbau" Dorf M als Arbeitsunfall anerkannt und der Arbeitsschutzinspektion gemeldet. Der innerhalb eines Monats bzw. eines Jahres mögliche Einspruch ist nicht erfolgt. Ein Rentenantrag wurde nicht gestellt.

Am 24. Juni 1994 erhielt die Beklagte ein Schreiben des Klägers mit Datum vom 30. März 1994, in dem dieser auf seinen 1978 erlittenen Unfall hinwies und die Meinung äußerte, daß ihm seit 1978 eine Unfallrente zustehe.

Zur Feststellung etwaiger Leistungsansprüche des Klägers forderte die Beklagte die im Städtischen Krankenhaus W noch vorhandenen Unterlagen über den Kläger an und beauftragte MR Dr. P, Durchgangsarzt und Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses W, mit der Erstellung eines Rentengutachtens. In diesem Gutachten vom 06. Februar 1995 führte MR Dr. P nach ambulanter Untersuchung des Klägers vom 03. Februar 1995 aus, der Kläger habe bei seinem 1978 erlittenen Unfall eine Jochbeinfraktur links, subtrochantäre Oberschenkelfraktur links, Schürfwunden auf der linken Wange sowie einen Schock erlitten. Als Unfallfolgen beständen derzeit noch eine deutliche Funktionsstörung des linken Beines nach Behandlung einer sub- und pertrochantären Oberschenkelfraktur links mittels Drahtextension. Im Vergleich zum rechten Bein sei die Fraktur mit deutlicher Varisierung von + 30Grad verheilt. Das gesamte Trochantermassiv sei erheblich verplumpt. Darüber hinaus liege eine Beinverkürzung von 3 cm sowie eine Außenrotationsdislokation von 20Grad vor. Der distale Oberschenkel links weise eine Muskelverschmächtigung auf. Der Kläger klage über einen linkshinkenden Gang. Die Lendenwirbelsäule zeige eine kompensatorische Skoliose. Von seiten der linksseitigen Jochbeinfraktur benenne der Kläger subjektiv keine Beschwerden. Objektiv seien links röntgenologisch unauffällige Verhältnisse festzustellen. Rechts liege eine Kieferhöhlenverschattung vor. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit sei seit dem 30. Juni 1990 mit 25 v. H. zu bewerten. Die Behandlung sei abgeschlossen. Es liege ein Dauerzustand vor. Möglicherweise könne durch Erhöhung der Ferse oder durch Einlagen die Beinverkürzung funktionell gebessert werden. Der Kläger sei in seinem Beruf als Kraftfahrer einsatzfähig, sei jedoch für lang Geh-, Steh- und Laufbelastungen sowie schweres Heben und Streßbelastung bei der linken Hüfte in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert.

Der von der Beklagten um eine Stellungnahme gebetene Chirurg, Dr. H, schloß sich der medizinischen Bewertung von MR Dr. P an.

Am 30. Oktober 1995 erhielt die Beklagte einen Durchgangsarztbericht des Durchgangsarztes Dr. W. In dem Bericht heißt es, der Kläger habe nicht gleich zu Beginn der Therapie mitgeteilt, daß er bei seinem Unfall vom 24. Januar 1978 auch Knieschäden erlitten habe. Offenbar habe der Kläger auch vergessen, im Rahmen der Begutachtung durch den MR Dr. P auf die Kniebeschwerden hinzuweisen. Aus diesem Grunde seien die Kniebinnenschäden sicherlich nicht Inhalt des Gutachtens. Der Kläger sei von ihm, Dr. W, zweimal arthroskopisch operiert worden. Nach einem Ersteingriff am 21. August 1995 in der Tagesklinik habe eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes gesichert werden können. Am 05. Oktober 1995 sei dann eine Kreuzbandersatzplastik vorgenommen worden. Der bisherige Verlauf habe sich komplikationslos gestaltet. Dem Bericht lag ein OP-Bericht vom 05. Oktober 1995 sowie ein Arthroskopiebericht vom 21. August 1995 bei.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Ein Arbeitsunfall liege nicht vor. Der Kläger habe nach den Ermittlungen am 24. Januar 1978 auf dem Weg zur Rechtsberatung während der Arbeitszeit einen Un...

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