Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommens- oder Vermögensberücksichtigung. Überschussanteile und Bewertungsreserve aus einer Kapitallebensversicherung bei Auszahlung während des Leistungsbezugs
Orientierungssatz
Überschussanteile und Bewertungsreserven aus einer zum Schonvermögen zählenden Kapitallebensversicherung sind bei Auszahlung und Zufluss während des Bezuges von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dem Vermögen gem § 12 SGB 2 zuzuordnen und nicht gem § 11 SGB 2 als Einkommen zu berücksichtigen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 23. Oktober 20 13 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger auch für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung und Erstattung für April und Mai 2008 gewährter Leistungen wegen der Anrechnung des Auszahlungsbetrages aus einer Lebensversicherung als Einkommen streitig.
Die miteinander verheirateten, 1958 und 1948 geborenen Kläger bezogen erstmals ab dem 1. März 2005 Grundsicherungsleistungen vom Beklagten und sodann - nach Unterbrechung des Leistungsbezuges - erneut ab dem 01. Oktober 2006.
Auf den Fortzahlungsantrag vom 28. März 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2008 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 449,40 Euro (für die Klägerin 2 16,65 Euro, für den Kläger 232,75 Euro) unter Anrechnung eines Erwerbseinkommens der Klägerin (Bescheid vom 16. April 2008).
Infolge des Bezuges einer Altersrente durch den Kläger ab Juni 2008 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. November 2008 gegenüber der Klägerin ab Juni ganz 2008 auf. Für den Kläger machte der Beklagte zugleich einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger geltend.
Aufgrund eines Datenabgleichs erhielt der Beklagte im März 2009 Kenntnis von einem geförderten Altersvorsorgevermögen der Klägerin, woraufhin er die Klägerin mit Schreiben vom 25. Mai 2009 und 23. Juni 2009 zur Vorlage von Nachweisen hinsichtlich dieses Vermögens aufforderte.
Die Kläger reichten daraufhin beim Beklagten Unterlagen, allerdings zu einer Versicherung des Klägers ein, welche in sämtlichen Leistungsanträgen nicht angegeben worden war. Danach hatte der Kläger über eine Kapitallebensversicherung mit einer Versicherungssumme in Höhe von 3.267,00 Euro bei der Volksfürsorge Deutsche Lebensversicherung AG (nachfolgend: Volksfürsorge) mit Versicherungsbeginn am 1. April 199 1 und Ablauf zum 1. April 2008 verfügt. Ab dem 1. Januar 1998 war die Versicherung beitragsfrei gestellt. Sie wurde zum 1. April 2008 ausgezahlt und dem Konto der Kläger am 4. April 2008 gutgeschrieben. Der Auszahlungsbetrag in Höhe von 4.652,80 Euro setzte sich zusammen aus der Versicherungssumme (3.267,00 Euro), einer Überschussbeteiligung ( 1.34 1,00 Euro) und dem Anteil an den Bewertungsreserven (44,80 Euro). Der Rückkaufswert der Versicherung hatte sich ab dem 0 1. Oktober 2006 wie folgt entwickelt:
|
|
Rückkaufswert Versicherungsleistung |
Überschuss |
Bewertungsreserve |
Rückkaufswert gesamt |
01.10.2006 |
3.114,40 € |
1217,90 € |
|
4332,30 € |
01.03.2008 |
3.258,40 € |
1337,50 € |
41,70 € |
4637,60 € |
Mit zwei gesonderten Schreiben vom 5. August 2009 hörte der Beklagte die Kläger zu einem unrechtmäßigen Leistungsbezug im April und Mai 2008 in Höhe von 433,30 Euro betreffend die Klägerin und 465,50 Euro betreffend den Kläger an. Zur Begründung verwies der Beklagte auf die Auszahlung der Versicherung der Volkfürsorge. Die Kläger seien ihrer Verpflichtung zur Mitteilung der wesentlichen Änderungen in den Verhältnissen nicht nachgekommen. Zudem sei Einkommen oder Vermögen erzielt worden, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt habe.
Die Kläger äußerten sich daraufhin dahingehend, dass sie bei ihrem Erstantrag auf Arbeitslosengeld (Alg) II den Vertrag der Volksfürsorge vorgelegt hätten. Sie hätten die Antwort erhalten, dass dieser nicht gebraucht werde, da die Vermögensfreigrenze nicht überschritten werde. Die Versicherung habe damals schon zum Vermögen gezählt.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 24. November 2009 hob der Beklagte gegenüber den Klägern einzeln die Leistungsbewilligung für April und Mai 2008 aus den in der Anhörung genannten Gründen auf und forderte von der Klägerin die Erstattung von 433,30 Euro und vom Kläger von 465,50 Euro.
Hiergegen erhoben die Kläger am 8. Dezember 2009 Widerspruch den der Beklagte durch Widerspruchsbescheide vom 8. Juni 20 10 als unbegründet zurückwies. Er verwies darauf, dass neben dem Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit der Klägerin als einmalige Einnahme das Einkommen aus der Lebensversicherung des Klägers in Höhe von 4.652,80 Euro einschließlich der Überschussbeteiligung und dem Anteil an den Bewertungsreserven anzurechnen und auf zwei Monat...