Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. keine Versicherungspflicht von Tagesmüttern
Leitsatz (amtlich)
Tagesmütter sind wegen fehlender Erwerbsmäßigkeit der Tätigkeit auch dann nicht versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr 1 SGB 6, wenn ihre Tätigkeit zwar teilweise von den Kindeseltern, aber überwiegend aus öffentlichen Mitteln (in Mecklenburg-Vorpommern: 70 %) finanziert wird (Fortentwicklung zum BSG-Urteil vom 22.6.2005 - B 12 RA 12/04 R = SozR 4-2600 § 2 Nr 2 ).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. November 2006 sowie der Bescheid der Beklagten vom 08. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufgehoben.
Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist bzw. in der Zeit vom 01. Oktober 2001 bis 31. März 2003 war.
Die 1962 geborene Klägerin ist seit dem 01. Oktober 2001 als selbstständige Tagesmutter tätig, zu 282 € je Kind monatlich aus öffentlichen Mitteln und zu 121 € monatlich auf privatrechtlicher Basis durch die jeweiligen Eltern der betreuten Kinder (3 Kinder unter 3 Jahren) finanziert.
Mit Bescheid vom 08. November 2002 stellte die Beklagte eine Versicherungspflicht der Klägerin wegen einer selbstständigen Tätigkeit als Tagesmutter nach § 2 Satz 1 Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Bundesminister der Finanzen habe am 07. Februar 1990 entschieden, dass die aus öffentlichen Kassen gezahlten Zuwendungen steuerfreie Einnahmen nach § 3 Nr. 11 EStG darstellen würden, sofern die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben werde. In Anlehnung an diese einkommenssteuerrechtliche Behandlung könne davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit nicht erwerbsmäßig ausgeübt werde und dementsprechend keine Versicherungspflicht vorliege. Von einer solchen Pauschalbeurteilung könne allerdings nur dann ausgegangen werden, wenn die betreffende Kinderpflegeperson auch tatsächlich nur Pflegegeld aus öffentlichen Kassen erhalte. Da in ihrem Fall jedoch noch Elternbeiträge gezahlt würden, also eine Vergütung auf privatrechtlicher Basis, so seien die hierfür erzielten Einnahmen steuerpflichtig gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und es sei von einer erwerbsmäßig ausgeübten Tätigkeit auszugehen. Aufgrund dieser selbstständigen Tätigkeit sei eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gegeben.
Unter Beifügung einer Stellungnahme des Jugendamtes der Hansestadt Greifswald, in welcher bestätigt wurde, dass das monatliche Pflegegeld zu 70% aus öffentlichen Mitteln gefördert und im Übrigen zwischen den Personensorgeberechtigten und der Klägerin ein privatrechtlicher Betreuungsvertrag abgeschlossen werde, erhob die Klägerin am 27. November 2002 Widerspruch. Dieser Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2003 mit gleichbleibender Begründung zurückgewiesen. Eine Steuerbefreiung sei für Zahlungen aus privaten Mitteln nicht möglich, so dass insoweit von einer erwerbsmäßig ausgeübten, versicherungspflichtigen Tätigkeit auszugehen sei.
Hiergegen ist am 01. Juli 2003 unter Aufrechterhaltung des Begehrens Klage vor dem Sozialgericht (SG) Neubrandenburg erhoben worden. Unter Berücksichtigung entstehender Sachkosten werde nur ein geringes zu versteuerndes Einkommen erzielt.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 08. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juni 2003 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seitens der Beklagten wurde darauf verwiesen, dass angesichts der zum 01. April 2003 geänderten Geringfügigkeitsregelung (400 € monatlich) aufgrund der erzielten geringen Einnahmen der Klägerin ab diesem Zeitpunkt eine Befreiung von der Versicherungspflicht als möglich erscheine. Seitens des SG sind daraufhin Steuerbescheide der Jahre 2001 bis 2005 beigezogen worden, aus denen sich bezogen auf die Jahre 2003 bis 2005 Einkünfte der Klägerin im Bereich von jeweils 1.655,- bis 1.796,- € jährlich ergeben.
Zwischenzeitlich war im erstinstanzlichen Verfahren in Ansehung eines anhängigen Verfahrens vor dem Bundessozialgericht (BSG, B 12 RA 12/04 R) ein Ruhen des Verfahrens angestrebt worden. Hierzu ist es jedoch nicht mehr gekommen, da das BSG dann am 22. Juni 2005 eine Entscheidung getroffen hatte. In Bezug auf dieses Urteil ist klägerseits ausgeführt worden, dass im dort entschiedenen Fall eine gewerbsmäßige Kinderbetreuung festgestellt worden sei, da die dort zu beurteilende Tagesmutter neben durch öffentlich-rechtliche Normen vermittelter Tagesbetreuung überwiegend rein privatrechtliche Kinderbetreuung durchgeführt habe. Hiervon sei aber der Fall zu unterscheiden, dass eine Tagesmutter ausschließlich durch öffentlich-rechtliche Nor...