Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnung. Sonderentgelt. Fallpauschale

 

Orientierungssatz

1. Die Abrechnung eines Sonderentgelts zusätzlich zu einer Fallpauschale ist nur dann gegeben, wenn die Operation in einem anderen Operationsgebiet stattfindet, über einen neuen operativen Zugang erfolgt und zumindest wesentliche Teile eines neuen, zusätzlichen Leistungskomplexes erbracht werden.

2. Neben der Fallpauschale Nr 12.04 sind die operativen Leistungen nicht zusätzlich mit dem Sonderentgelt Nr 12.20 zu vergüten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 04.03.2004; Aktenzeichen B 3 KR 3/03 R)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Abrechenbarkeit eines Sonderentgeltes Nr. 12.20 zusätzlich zu einer Fallpauschale Nr. 12.04.

Der ... 1927 geborene und bei der Beklagten versicherte L R befand sich im Zeitraum vom 11. März bis 15. März 2000 u.a. wegen einer heliobacterpositiven Gastritis und Bulbitis bei Hiatusgleithernie sowie einer Cholezystolithiasis mit multiplen Gallenblasenkonkrementen und chronischen Entzündungszeichen in vollstationärer Behandlung in der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses W.

Im Zeitraum vom 03. April bis zum 11. April 2000 befand er sich in vollstationärer Behandlung in der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses W zum Zwecke der Durchführung einer endoskopischen Cholezystektomie und zum Zwecke der Versorgung eines Nabelbruchs. Die Aufnahmediagnosen lauteten:

--  Cholezystolithiasis,

--  Nabelhernie,

--  Diabetes mellitus,

--  Glaukom.

Am 04. April 2000 wurde die endoskopische Cholezystektomie (OPS-301 5-511.11) und die Herniotomie nach SPITZY (OPS-301 5-534.0) durchgeführt. Im Operationsbericht heißt es:

"Querschnitt unterhalb des Nabels. Nun wird die Bauchdecke mit 2 Backhausklemmen hochgehalten. Durch den Hautschnitt wird die Veress-Kanüle eingestochen. Nachdem die Kanüle mit 0,9% NaCl-Lösung durchgespritzt wurde, wird die korrekte Lage mittels eines Tropfens geprüft. (...) Entfernung der Veress-Kanüle bei einem Druck von 14 mmHg. Geringe Erweiterung des Schnittes unterhalb des Nabels und Eingehen mit einem 10mm Sicherheitstrokar. (...) Der Lokalbefund zeigt eine prall gefüllte, faustgroße Gallenblase, die bei der geringsten Berührung mit der Faßzange eröffnet wird und Gallesaft austritt. Sofortiges Absaugen der ausgetretenen Galle und Herauslöffeln einzelner ausgetretener Steine. Nachdem so die Gallenblase deutlich verkleinert worden ist, wird die "Leckage" mit der Faßzange verschlossen. (...) Unter ständiger Anspannung kann nun die Gallenblase aus dem Leberbett herauspräpariert werden. Einbringen einer Tüte und Einlage der Gallenblase in diese Tüte, um dann die Tüte gemeinsam mit der Gallenblase hinter der Leber zu parken. Ausgiebiges Spülen des Operationsgebietes. (...) Wegen der großen Nabelhernie wurde dann die Hautincision linksbogenförmig um den Nabel nach cranial erweitert, um das ganze Ausmaß der Hernie darstellen zu können. Über diese Mini-Laparotomie wird dann die Faßzange mit der gefaßten Tüte und Gallenblase extrahiert. Entfernung aller übrigen Trokare. Dann wird die Nabelhernie restlos freipräpariert und die große Peritoneallücke mit einer fortlaufenden Vicryl-Einzelknopfnahtreihe verschlossen. (...)"

Der postoperative Verlauf gestaltete sich insgesamt unauffällig und der Versicherte konnte am 11. April 2000 in die ambulante Weiterversorgung entlassen werden.

Mit Rechnung vom 04. Mai 2000 forderte der Kläger von der Beklagten für die Behandlung des Patienten L R einen Gesamtbetrag in Höhe von 5.883,31 DM. Neben dem Investitionszuschlag, einem Betrag für die Fallpauschale Nr. 12.04 in Höhe von 4.645,39 DM und dem Zuschlag zur Fallpauschale verlangte der Kläger von der Beklagten eine Summe von 1.132,92 DM für das Sonderentgelt Nr. 12.20 und eine Summe 8,50 DM für den Zuschlag zum Sonderentgelt und setzte der Beklagten eine Zahlungsfrist bis zum 18. Mai 2000.

In der Entlassungsanzeige vom 12. April 2000 gab der Kläger gegenüber der Beklagten folgende Entlassungsdiagnose an: "Gallenblasenstein mit sonstiger Cholezystitis" -- ICD 10 K80.1.

Die Beklagte brachte von der geltend gemachten Gesamtsumme den Betrag für das Sonderentgelt und den Zuschlag in Abzug und entrichtete an den Kläger 4.741,89 DM für die Behandlung des Versicherten L R. Sie stützte sich bei ihrem Vorgehen auf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Mecklenburg-Vorpommern (MDK) vom 09. Juni 2000, in der es heißt, dass es sich ausweislich des Operationsberichtes um ein Operationsgebiet mit einem gemeinsamen Zugang gehandelt habe. Es könne nur die Fallpauschale und nicht zusätzlich das Sonderentgelt abgerechnet werden.

Die Beklagte lehnte gegenüber dem Kläger eine weitere Kostenübernahme mit Schreiben vom 04. Juli 2000 und endgültig mit Schreiben vom 02. August 2000 ab.

Der Kläger hat am 29. Januar 2001 Leistungsklage vor dem Sozialgericht Schwerin erhoben. Er hat geltend gemacht, dass nach der Beendigung des Operationsgebietes gemäß der Fallp...

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