Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. haftungsausfüllende Kausalität. Bandscheibenschaden
Orientierungssatz
Bei einer traumatisch bedingten Bandscheibenschädigung handelt es sich, gemessen an der Gesamtzahl der behandlungsbedingten Bandscheibenerkrankungen, um einen seltenen Ausnahmefall. Eine derartige Bandscheibenschädigung tritt nur bei einem Unfallablauf ein, der mit einer so sicheren Einwirkung auf die Wirbelsäule verbunden ist, daß sich durch die Mechanik des Ablaufes die Entstehung derartiger Schädigungen erklären läßt. Für eine traumatische Bandscheibenschädigung ist zu verlangen, daß sich im unmittelbaren Anschluß an den Unfall die Symptome eines Ischiasleidens oder einer Lumbago eingestellt haben; in der Regel muß der Verletzte nach dem Unfall seine Arbeit niedergelegt haben.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf die Zahlung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der 1950 geborene Kläger ist Außendienstmitarbeiter der Gesellschaft Am 12. Februar 1993 glitt er nach dem Besuch eines Geschäftskunden in W/H beim Verlassen des Hauses auf einer ca. 10 m langen Treppe aus und stürzte das letzte Drittel hinunter. Nach dem Sturz spürte er Schmerzen im Rücken und fuhr mit seinem Fahrzeug zurück zu seinem Wohnort in S Gemäß der Unfallanzeige des Betriebes vom 23. Februar 1993 stellte der Kläger seine Arbeit am 18. Februar 1993 ein. Er wurde von dem Durchgangsarzt S, Facharzt für Chirurgie in S, arbeitsunfähig krank geschrieben. Der Kläger hatte sich zuvor, nach Angaben seiner Hausärztin Dr. H, Fachärztin für Allgemeinmedizin in S am 18. Februar 1993 dort vorgestellt, die ihn an den Durchgangsarzt S weiter verwies. Letztgenannter Arzt diagnostizierte in seinem Durchgangsarztbericht vom 18. Februar 1993 eine Prellung der Lendenwirbelsäule des Klägers; Röntgenaufnahmen der Brust- sowie Lendenwirbelsäule zeigten keinen Anhalt für eine Fraktur; der Kläger habe über einen Druckschmerz über der Lendenwirbelsäule berichtet. Die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit betrage ca. 3 -- 4 Wochen. Mit weiterem Bericht des Chirurgen S vom 19. März 1993 teilte dieser der Beklagten mit, daß der Kläger nach wie vor noch unter Rückenschmerzen leide.
Wegen weiterer bestehender Rückenschmerzen wurde am 21. April 1993 eine Computertomographie durchgeführt, welche einen Bandscheibenvorfall in der Höhe des ersten Lendenwirbelkörpers und des Kreuzbeines nachwies. Daraufhin erfolgte eine stationäre Behandlung des Klägers in der orthopädischen Abteilung des Klinikums N vom 11. Mai bis 04. Juni 1993, in dessen Verlauf am 21. Mai 1993 eine operative Entfernung des Bandscheibenvorfalles erfolgte. Nach seiner Entlassung unterzog sich der Kläger einer medizinischen Rehabilitation vom 07. bis 15. Juli 1993 in der Reha-Klinik S seit dem 24. September 1993 ist er wieder als Kundendienstmitarbeiter tätig.
Im Laufe ihres Feststellungsverfahrens zog die Beklagte die genannten Arztberichte des Chirurgen S, einen ärztlichen Befundbericht zum Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation vom 03. Juni 1993 des Klinikums N den Entlassungsbericht des genannten Klinikums vom 04. Juni 1993 über den stationären Aufenthalt des Klägers, den Abschlußbericht der Reha-Klinik S über die Anschlußheilbehandlung vom 19. Juni 1993 sowie eine ärztliche Epikrise des Klinikums N vom 04. Juni 1993 einschließlich des Operationsberichtes nebst eines ausführlichen Krankheitsberichtes von Dr. S vom 02. Juli 1993 bei. Ferner holte die Beklagte einen Bericht des behandelnden Orthopäden M vom 11. August 1993 ein, in dem dieser unter anderem die Auffassung vertrat, ein Zusammenhang des Bandscheibenvorfalls mit dem Treppensturz sei aufgrund der vor diesen Sturz nicht vorhandenen Beschwerden des Klägers zu sehen; zusätzliche Aussagen, die diesen Unfallzusammenhang jedoch erhärten könnten, zum Beispiel ein Histologiebefund des Bandscheibengewebes etc. lägen ihm nicht vor. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 25. August 1993 führte Prof. W aus, Bandscheibenschäden in Höhe von L 5/S 1 seien in etwa 90 Prozent der Fälle Schädigungen durch Bandscheibendegeneration, eine Erkrankung mit einem gesetzmäßigen Verlauf. Nach der gegenwärtigen Aktenlage könne er einen Ausnahmefall nicht anerkennen, der Operationsbericht sowie die Epikrise vom 04. Juni 1993 ließen keine Hinweise für eine traumatische Genese des beim Kläger operierten Bandscheibenprolapses erkennen. In seiner weiteren Stellungnahme vom 04. November 1993 führte der genannten Chirurg aus, daß aus unfallchirurgischer Sicht das Ereignis, der Verlauf bis zur Operation (erste ärztliche Behandlung mehrere Tage nach dem Ereignis), der OP-Befund und die Histologie des OP-Präparates nicht für einen traumatischen Bandscheibenprolaps, sondern für eine degenerative Bandscheibenerkrankung sprächen, die zum Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses klinisch stumm soweit fortgeschritten sei, daß der Vorfall bereits eingetreten sei oder mit klinischer Sy...