Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Verfügbarkeit. tägliche Erreichbarkeit
Orientierungssatz
Zweck der durch § 1 der AufenthAnO begründeten Residenzpflicht ist es, im Interesse der Versichertengemeinschaft eine sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen sicherzustellen, um den Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 5 AFG) Geltung zu verschaffen. Der Arbeitslose soll nur dann Leistungen erhalten, wenn er ohne Verzug das Arbeitsangebot annehmen kann. Dazu muß er sich der Vermittlungstätigkeit des Arbeitsamtes aktuell, dh für den Tag, für den er Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beansprucht, zur Verfügung halten, weil nur auf diese Weise eine sofortige Vermittlung in Arbeit möglich ist. An den Tagen, an denen der betreffende Arbeitslose nicht erreichbar im geschilderten Sinne ist, wird dieser Zweck verfehlt (vgl BSG vom 3.3.1993 - 11 RAr 43/91 = SozR 3-4100 § 103 Nr 9 und vom 9.11.1995 - 11 RAr 33/95 = SozR 3-4450 § 4 Nr 1).
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Zeit vom 15. April 1996 bis 14. Juli 1996 sowie über eine Erstattungsforderung.
Die Beklagte gewährte dem Kläger durch Bescheid vom 15. Mai 1996 Arbeitslosengeld (Alg) vom 15. April 1996 bis zum 22. April 1996 in Höhe von DM 493,80 wöchentlich, durch Bescheid vom 7. Juni 1996 Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 23. April 1996 bis zum 31. Mai 1996 in Höhe von DM 436,20 sowie vom 1. Juni 1996 bis zum 29. Juni 1996 in Höhe von DM 442,80 wöchentlich. Ab 1. Juli 1996 betrug die Alhi nach dem Bescheid vom 15. Juli 1996 DM 431,40 wöchentlich. In den zugrundeliegenden Anträgen gab der Kläger als Wohnanschrift an: "H., K.-G.-Straße 5". Die Leistungen wurden ab 15. Juli 1996 nach einem Postrücklauf eingestellt. Die weiteren Ermittlungen ergaben, daß der Kläger ab 21. März 1996 von H. nach B., D.straße 10, umgezogen war, um in L. eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen.
Mit Bescheid vom 30. August 1996 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alg/Alhi vom 15. April 1996 bis zum 14. Juli 1996 zurück und verlangte die Erstattung der gezahlten Leistungen in Höhe von DM 3.910,70, weil der Kläger in dieser Zeit unter der angegebenen Anschrift nicht erreichbar iS des § 103 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gewesen sei. Mit weiterem Bescheid vom 9. Oktober 1996 forderte die Beklagte abgeführte Krankenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 15. April 1996 bis zum 14. Juli 1996 in Höhe von DM 1.884,03 zurück. Gegen beide Bescheide legte der Kläger unter Vorlage von diversen Quittungen über Restaurantbesuche und Lebensmitteleinkäufe in H. Widerspruch ein. Diese wurden von der Beklagten durch Widerspruchsbescheide vom 1. Oktober 1996 und 2. Dezember 1996 zurückgewiesen.
Die anschließenden Klagen hat das Sozialgericht (SG) Lüneburg mit zwei Urteilen vom 8. April 1998 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinen Berufungen, die der Senat zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat.
Der Kläger trägt vor: Aufgrund der heutigen Kommunikationsmittel könne nicht ernsthaft die Auffassung vertreten werden, daß nur ein solcher Arbeitsuchender für das Arbeitsamt erreichbar sei, der sich zu Hause in seiner Wohnung tatsächlich aufhalte. Die Erreichbarkeit des Klägers sei nämlich auch deshalb gegeben, weil er seine Wohnungsnachbarn damit beauftragt habe, täglich nach seiner Post zu schauen und ihn sofort auch zu verständigen, wenn er nicht selbst nach der Post schauen könne.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des SG Lüneburg vom 8. April 1998 sowie den Bescheid vom 30. August 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 1996 und den Bescheid vom 9. Oktober 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 1996 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, die diversen Rechnungen über Einkäufe und Restaurantbesuche belegten nicht einmal schlüssig, daß diese tatsächlich vom Kläger getätigt worden seien. Auch die Liste der Faxverbindungen im fraglichen Zeitraum sage nichts über den Aufenthalt des Klägers aus.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten sowie auf die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluß, weil er einstimmig die Berufungen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Ihre Zustimmung ist nicht erforderlich.
Die Berufungen sind gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft und zulässig. Sie sind in der Sache aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG die Klagen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Der Kläger ist verpflichtet, erhaltenes Alg bzw. erhaltene Alhi ab 15. April 1996 einschließlich der bis zum 14. Juli 1996 abgeführten Krankenversicherungsbe...