Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßbevollmächtigter. Doppelvertretung. Anzeige des Widerrufs einer Prozeßvollmacht

 

Orientierungssatz

Die abgegebene Erklärung eines Rechtsanwalts, daß der Kläger ihn jetzt mit seiner weiteren Vertretung beauftragt habe, ersetzt nicht die Anzeige des Widerrufs des bereits bevollmächtigten Anwalts.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.02.2000; Aktenzeichen B 10 LW 18/99 B)

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt, daß ihm eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zugesprochen wird.

Nach erfolglosem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren hat für ihn Assessor D vom VdK am 3. November 1995 Klage erhoben. Zugleich ist eine auf die Herren D, W und E lautende Prozeßvollmacht vom 2. November 1995 als Blatt 2 zu den Gerichtsakten gelangt.

Mit Schriftsatz vom 8. September 1997 haben sich die Rechtsanwälte L, K und A für den Kläger legitimiert. Eine vom Kläger unter dem 30. September 1997 unterzeichnete Prozeßvollmacht für diese Bevollmächtigten ist am 10. November 1997 als Blatt 150 zu den Gerichtsakten gelangt.

Zur mündlichen Verhandlung am 24. Februar 1998 hat das Sozialgericht (SG) als Vertreter des Klägers sowohl den Assessor D vom VdK als auch die Rechtsanwälte L und Partner geladen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. Februar 1998 sind für den Kläger im Termin Assessor D und Rechtsanwalt K erschienen. Beide haben als Vertreter des Klägers einen übereinstimmenden Sachantrag gestellt. Erklärungen über das Erlöschen einer der vom Kläger erteilten Bevollmächtigungen sind von ihnen in der mündlichen Verhandlung nicht abgegeben worden.

In seinem Urteil vom 24. Februar 1998 hat das SG Assessor D u.w. als Prozeßbevollmächtigten zu 1.) und die Rechtsanwälte L u.w. als Prozeßbevollmächtigte zu 2.) im Rubrum aufgeführt. Beiden Bevollmächtigten ist das Urteil gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Ausweislich der jeweiligen Empfangsbekenntnisse hat Assessor D das Urteil am 25. März 1998 erhalten, während es den Rechtsanwälten L pp am 30. März 1998 zugegangen ist.

Am 28. April 1998 haben die Rechtsanwälte L pp für den Kläger Berufung eingelegt. Durch Verfügung des Berichterstatters vom 6. August 1998 auf die mögliche Verfristung der Berufung hingewiesen, haben sie für den Kläger geltend gemacht:

Es sei davon auszugehen, daß die Assessor D u.a. erteilte Vollmacht noch vor der mündlichen Verhandlung erster Instanz erloschen sei. Mit Schriftsatz vom 8. September 1997 sei dem SG mitgeteilt worden, daß man vom Kläger "mit seiner weiteren Vertretung beauftragt" worden sei. Hiermit habe selbstverständlich zum Ausdruck gebracht werden sollen, daß die seinerzeit gegenüber Assessor D u.a. erteilte Vollmacht erloschen sei. Auch wenn im Verhandlungstermin am 24. Februar 1998 dann Assessor D erschienen sei, habe ohne weiteres davon ausgegangen werden können, daß dieser versehentlich geladen worden sei. Es sei auch nicht bekannt gewesen, daß eine Ausfertigung des Urteils vom 24. Februar 1998 Herrn Assessor D zugestellt worden sei. Der Kläger habe jedenfalls alles erforderliche veranlaßt, um für seine ordnungsgemäße Alleinvertretung durch die Rechtsanwälte L u.a. zu sorgen. Eine Doppelvertretung sei von ihm nicht beabsichtigt gewesen. Deshalb sei ihm notwendigenfalls gegen die evtl Versäumnis der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

In der Sache wird für den Kläger beantragt,

1.

das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 24. Februar 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. September 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 1995 aufzuheben,

2.

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. September 1993 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist gemäß § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen, da sie erst nach Ablauf der in § 151 Abs 1 SGG bestimmten, einmonatigen Berufungsfrist eingelegt worden ist, ohne daß dem Kläger hiergegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann.

Die Berufungsfrist ist nicht erst durch die Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 30. März 1998 an die Rechtsanwälte L, K und A, sondern bereits durch seine Zustellung am 25. März 1998 an Assessor D in Lauf gesetzt worden. Assessor D ist zu diesem Zeitpunkt -- neben den Rechtsanwälten L, K und A -- noch Bevollmächtigter des Klägers gewesen mit der Folge, daß der Kläger durch mehrere Prozeßbevollmächtigte vertreten war und die erste Zustellung an einem von diesen fristauslösend gewirkt hat (vgl Engelhardt/Abb, Verwaltungszustellungsgesetz, 4. Aufl 1996, § 8 VWZG Anm 5). Die mit der Klageschrift vom 2. November 1995 zu den Gerichtsakten gelangte Vollmacht für Assessor D u.a. war nicht erloschen. Die hierzu erforderliche Anzeige ist dem SG gegenüber weder vom Kläger persönlich noch von desse...

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