Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Berichtigung einer offensichtlich unrichtigen Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur offenbaren Unrichtigkeit einer Kostenentscheidung.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 13. März 2017 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Beschwerdeverfahren um einen Berichtigungsbeschluss des Sozialgerichts (SG) Hannover, mit dem dieses die Kostenentscheidung des Urteils vom 13. Dezember 2016 geändert hat.

In dem vor dem SG Hannover ab 10. Juli 2014 anhängigen Klageverfahren stritten die Beteiligten (ursprünglich) um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides für den Zeitraum Januar bis März 2013. Streitig war die Aufhebung und Erstattung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 1.837,84 € durch Bescheid des Beklagten vom 21. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juni 2014 (W-18668/13).

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2016 erfolgte ein von Klägerseite angenommenes Teilanerkenntnis des Beklagten, mit dem dieser seinen Bescheid hinsichtlich des Monats Januar 2013 in Höhe von 179,36 € aufhob. In der Gerichtsakte (GA) befindet sich auf Blatt 103 anschließend ein handschriftlich gefertigter Tenorzettel mit folgendem Tenor:

„Die Klage wird abgewiesen.

Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte 90 %“.

Der Tenorzettel ist von der Berufsrichterin und den beiden ehrenamtlichen Richtern unterschrieben. Dieser Tenor ist anschließend laut Protokoll in der Verhandlung verkündet worden (Blatt 102 GA), das Protokoll ist von der Berufsrichterin und der Protokollkraft, die das Protokoll vom Tonträger (Diktiergerät) übertragen hat, unterschrieben. Derselbe Tenor findet sich auch in dem schriftlich niedergelegten und dem Beklagten am 19. Dezember 2016 zugestellten Urteil (Blatt 104 GA). Zur Kostenentscheidung hat das SG in den Urteilsgründen ausgeführt:

„Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).“

Am 19. Januar 2017 hat der Beklagte sich an das SG gewandt und beantragt, das Urteil hinsichtlich des Kostenausspruches gemäß § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dahin zu berichtigen, dass der Beklagte von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger 10 % trägt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er in der mündlichen Verhandlung ein Teilanerkenntnis in Höhe von 179,36 € abgegeben habe. Dies habe einem Anteil von 10 % des Gesamtaufhebungs- und Erstattungsbetrages von 1.837,84 € entsprochen. Anschließend sei die Klage in vollem Umfang abgewiesen worden, der Beklagte hätte ausweislich des Tenors aber nicht 10 %, sondern 90 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen. Die Beklagtenvertreterin habe nach Urteilsverkündung diesbezüglich sofort nachgefragt. Die Vorsitzende hätte daraufhin eingeräumt, dass der Beklagte nur 10 % der Kosten zu tragen hätte. Es handele sich um eine offensichtliche Unrichtigkeit nach § 138 Satz 1 SGG. Diese liege vor, wenn die gewollte mit der tatsächlich ausgesprochenen Entscheidung nicht übereinstimme. So sei der Fall hier. Die Klage sei in vollem Umfang abgewiesen worden, versehentlich und offenbar unrichtig sei eine Kostentragung des Beklagten von 90 % ausgesprochen worden. Er berufe sich auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 20. April 2004 (L 4 B 1/04 KR). Danach könne auch der Tenor einschließlich der Kostenentscheidung berichtigt werden. Er dürfe sogar ins Gegenteil verkehrt werden, weil § 138 SGG weit auszulegen sei, wenn eine Berichtigung der einzige Ausweg sei, eine unrichtige Kostenentscheidung zu korrigieren. So liege der Fall hier.

Die Kläger haben den Urteilsausspruch verteidigt und die Zurückweisung des Berichtigungsantrages beantragt. Sie haben gemeint, dass eine Urteilsberichtigung nicht in Betracht komme, weil § 138 SGG voraussetze, dass das Urteil nicht mit dem Ergebnis der Beratung übereinstimme. Vorliegend hätte sich die Kammer im Rahmen der Beratung aber auf die verkündete Kostenentscheidung geeinigt. Dass diese nicht der Sach- und Rechtslage entsprach, sei der Kammer erst nach Verkündung des Urteils aufgrund der Nachfrage der Beklagtenvertreterin bewusst geworden. Es habe somit ein Irrtum in der Entscheidungsfindung und kein Irrtum in der Erklärung vorgelegen. Schon die Möglichkeit eines Irrtums in der Entscheidungsfindung schließe die Möglichkeit einer Berichtigung aus. Für ihre Rechtsauffassung haben sie sich auf einen Beschluss des Bayerischen LSG vom 29. August 2016 berufen (L 2 U 110/16 B).

Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat die Kammervorsitzende die Kostenentscheidung des Tenors aus dem Urteil vom 13. Dezember 2016 berichtigt und folgenden Kostenausspruch beschlossen (Beschluss vom 13. März 2017):

„Von den notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte 10 %.“

Es habe sich um eine offen...

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