Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. Ausbildungsförderung. Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Unterkunftskosten. Hilfebedürftigkeitsprüfung. keine Einkommensberücksichtigung. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Beim Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 7 SGB 2 ist bei der Bedarfsprüfung bzw Einkommensanrechnung das vom Auszubildenden bezogene Kindergeld nicht als Einkommen zu berücksichtigen.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Bremen wird insoweit aufgehoben, als dass die Antragsgegnerin auf auch für die Zeit ab 17. Oktober 2009 verpflichtet worden ist, ungedeckte Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 7 SGB II) als vorläufige Leistung zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren. Für das erstinstanzliche Verfahren bleibt es bei der vom Sozialgericht getroffenen Kostenentscheidung.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Bremen vom 21. September 2009, mit dem sie im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet worden ist, dem Antragsteller für die Zeit vom 12. August 2009 bis 16. Februar 2010 einen höheren Zuschuss nach § 22 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu gewähren.
Dem 1985 geborenen Antragsteller wurden von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 7. Oktober 2008 laufende Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 658,20 € pro Monat bewilligt (Bewilligungszeitraum vom 1. November 2008 bis 30. April 2009). Am 17. April 2009 begann er eine ausbildungsvorbereitende Maßnahme, für die ihm von der Agentur für Arbeit G. Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) gem. §§ 59 ff. SGB III i.H.v. 509,00 € pro Monat gewährt wurde. Diese Maßnahme sollte bis zum 16. Februar 2010 laufen (vgl. Bewilligungsbescheide der Agentur für Arbeit vom 17. April und 17. August 2009). Nachdem der Antragsgegnerin dies bekannt geworden war, hob sie die Bewilligung der SGB II-Leistungen mit Wirkung ab 17. April 2009 auf (Aufhebungsbescheid vom 22. Mai 2009). Stattdessen bewilligte sie dem Antragsteller einen Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft von 62,00 € (für die Zeit vom 14. Mai bis 30. Juni 2009) bzw. 92,00 € pro Monat (nach einer Mieterhöhung ab 1. Juli 2009), wobei sie als Einkommen des Antragstellers Kindergeld berücksichtigte (164,00 € pro Monat abzgl. eines Freibetrags von 30,00 €, Bescheid vom 22. Juli 2009). Den gegen diesen Bescheid und auf Gewährung eines höheren Zuschusses gerichteten Widerspruch vom 28. Juli 2009 hat die Antragsgegnerin bislang noch nicht beschieden.
Auf den am 12. August 2009 beim SG Bremen gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat das SG die Antragsgegnerin verpflichtet, für die Zeit vom 12. August 2009 bis 16. Februar 2010 vorläufig ungedeckte Unterkunftskosten ohne Anrechnung von Kindergeld zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Berechnung des Zuschusses zwar vom Grundsatz nicht zu beanstanden sei, das dem Antragsteller rückwirkend seit Anfang April 2009 gewährte Kindergeld allerdings zu Unrecht als Einkommen berücksichtigt worden sei. Denn das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), auf das in den §§ 65 ff. SGB III für die BAB verwiesen werde, sehe eine Anrechnung des Kindergelds beim Einkommen seit dem Jahr 2001 nicht mehr vor. Diese Wertentscheidung sei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der Landessozialgerichte (LSG) Hessen, Nordrhein-Westfalen und Berlin-Brandenburg auch im Rahmen des § 22 Abs. 7 SGB II zu berücksichtigen (Beschluss vom 21. September 2009).
Gegen den der Antragsgegnerin am 23. September 2009 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 21. Oktober 2009 eingelegte Beschwerde. Die Antragsgegnerin verweist darauf, dass ein Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II nur dann gewährt werden dürfe, wenn der Betroffene über kein ausreichendes Einkommen oder Vermögen verfüge. Die Bedürftigkeitsprüfung richte sich nach den §§ 11, 12 SGB II, so dass - wie u.a. das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen und das LSG Baden-Württemberg entschieden hätten - auch das vom Antragsteller bezogene Kindergeld anzurechnen sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bremen vom 21. September 2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist zur Begründung auf die Entscheidungen des LSG Hessen vom 27. März 2009 (L 6 AS 340/08 B ER) und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 2. März 2009 (L 19 AS 79/08).
Am 16. Oktober 2009 hat der Antragsteller die ausbildungsvorbereitende Maßnahme abgebrochen. Er absolviert seitdem eine bis zum 31. Juli 2010 laufende Einstiegsqualifizierung nach § 235 b SGB III. Infolge des Abbruchs der Maßnahme hat die Agentur für Arbeit G. die Bewilligung von BA...