Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum vorläufigen Rechtsschutz bei Leistungsversagung wegen mangelnder Mitwirkung. sofortige Vollziehbarkeit des Ablehnungsbescheides gem § 39 Nr 1 SGB 2. Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Klageart
Leitsatz (amtlich)
1. Wird auf der Grundlage von § 66 SGB 1 eine beantragte Grundsicherungsleistung wegen mangelnder Mitwirkung versagt, so ist der entsprechende Bescheid gem § 39 Nr 1 SGB 2 von Gesetzes wegen sofort vollziehbar.
2. Vorläufiger Rechtsschutz ist in derartigen Fällen nur nach § 86b Abs 1 SGG zu gewähren. Daneben ist eiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs 2 SGG nicht vorgesehen (entgegen LSG Celle-Bremen vom 14.1.2008 - L 7 AS 772/07 ER = FEVS 59,469).
Orientierungssatz
Im Fall der Versagung von Leistungen nach § 66 SGB 1 ist richtige Klageart nur die (isolierte) Anfechtungsklage und nicht die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Aufgrund der "Vorläufigkeit" der Verwaltungsentscheidung fehlt es für die Leistungsklage bereits an der Durchführung des notwendigen Vorverfahrens.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 11. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Gewährung laufender Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die ihm wegen mangelnder Mitwirkung versagt worden sind.
Der im November 1949 geborene, ledige und nach seinen Angaben alleinstehende Antragsteller war nach seinem Vorbringen bis zum April 1998 Mitinhaber eines großen Gewerbebetriebes in G. und aufgrund der mit dem Betrieb erzielten Einnahmen sehr vermögend. Er war u. a. nach eigenem Vorbringen Eigentümer mehrerer wertvoller Pkws, eines Ferienhauses in dem Königreich der Niederlande, einer Motoryacht (wohl mit einem Heimathafen in den Niederlanden), Inhaber zahlreicher Bankkonten in Luxemburg, in den Niederlanden, Spanien, Großbritannien und im Inland. Nach seinem Vorbringen habe er in den Jahren 1999/2000 sein gesamtes Vermögen aufgrund seiner Spielsucht im Wesentlichen in Casinos in H. und I. verbraucht. Später bemühte er sich - wohl erfolglos - nach seinem Vorbringen, von den Spielbankenbetreibern Schadensersatz zu erlangen, weil diese von seiner krankhaften Spielsucht gewusst hätten. Im Jahr 2003 bezog der Kläger zeitweise laufende Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz in I.; zum Ende des Jahres 2006 erhielt er auch kurzzeitig laufende Leistungen nach dem SGB II im Gebiet des Landkreises J..
Am 02. August 2007 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Gewährung von laufenden Leistungen. Diese forderte von ihm die Vorlage verschiedener Nachweise und Urkunden und lehnte später mit Bescheid vom 17. August 2007 die Gewährung von Leistungen ab. Später bewilligte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 12. September 2007 dem Antragsteller Leistungen im Zeitraum von September bis Oktober 2007 als Darlehn; für einen danach folgenden Zeitraum versagte sie zunächst wiederum Leistungen, wobei sie im Wesentlichen darauf abstellte, dass der Antragsteller nicht Auskunft und Belege über den Verbleib der folgenden Vermögensgegenstände nicht bzw. nicht vorgelegt hätte, und zwar:
- Auflösung und Verbleib der Wertpapiere im Depot einer bestimmten Bank in Luxemburg,
- Nachweise und Verbleib von Barguthaben auf Konten in Spanien, Großbritannien und den Niederlanden, die der Antragsteller in seinem Schreiben vom 04. Februar 2007 angesprochen hatte,
- Auflösung und Verbleib der Vermögensgegenstände Motoryacht, Ferienhaus in den Niederlanden und diverser Pkws, die der Antragsteller ebenfalls in seinem Schreiben vom 04. Februar 2007 angesprochen hatte.
Wegen der tatsächlichen Versagung der Leistungen ab dem 01. November 2007 wandte sich der Antragsteller an das Sozialgericht (SG) Oldenburg mit der Bitte um Gewährung vorläufigen Rechtschutzes, das den Antrag mit Beschluss vom 31. Oktober 2007 ablehnte (Aktenzeichen S 45 AS 1863/07 ER). Auf die dagegen vom Antragsteller eingelegte Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 19. Dezember 2007 (Aktenzeichen L 13 AS 282/07 ER) die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit ab 01. November 2007 bis zum 29. Februar 2008, längstens jedoch bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, laufende Leistungen zu gewähren.
Auf den Fortzahlungsantrag des Antragstellers vom 08. Februar 2008 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller zunächst Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2008 und forderte ihn mit Schreiben vom 18. Juli 2008 u. a. auf, Nachweise über die Auflösung aller Auslandskonten vorzulegen sowie die Belegenheit des Ferienhauses in den Niederlanden anzugeben und einen Nachweis über dessen Verkauf zu führen. Mit Schreiben vom 10. August 2008 verzichtete daraufhin der Antragsteller auf die Gewährung von Leistungen ...