Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige bei Aufenthalt zur Arbeitsuche. Hinzutreten eines anderen Aufenthaltszwecks bei Unionsbürgern. einstweiliger Rechtsschutz. Zulässigkeit der Beschwerde. Zugunstenverfahren. besonderer Anordnungsgrund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB 2 ist als Ausnahmeregelung bei Unionsbürgern eng auszulegen; er greift daher allenfalls ein, wenn sich das Aufenthaltsrecht des Unionsbürgers allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, nicht aber, wenn das Aufenthaltsrecht auch auf einem anderem Grund beruht.

2. Das Sozialgerichtsgesetz lässt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren eine Beschwerdezulassung durch das Sozialgericht nicht zu.

3. Soll im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB 10 eine einstweilige Anordnung ergehen, so setzt dies einen besonderen Anordnungsgrund voraus.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Oldenburg vom 10. Januar 2011 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners, mit der sich dieser jetzt nur noch - die Beteiligten haben sich einvernehmlich darüber verständigt, dass der Antragsgegner, entgegen der im Beschluss des Sozialgerichts (SG) Oldenburg vom 10. Januar 2011 auch ausgesprochenen Verpflichtung, nicht verpflichtet sein soll, für die Zeitspanne 27. bis 31. Dezember 2010 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vorläufig zu gewähren - dagegen wendet, dass ihn das SG Oldenburg im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, der Antragstellerin vorläufig ab 1. Januar 2011 bis längstens 31. Juli 2011 pro Monat 263,70 € (25,00 € Regelleistung + 238,70 € Kosten der Unterkunft und Heizung - zum 1. Januar 2011 (die Jahresangabe "2010" insoweit im Tenor des Beschlusses vom 10. Januar 2011 beruht offenbar auf einem Schreibfehler) nach Maßgabe der Erhöhung der Regelleistung - zu gewähren, erweist sich als unbegründet und ist daher zurückzuweisen.

1. Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig.

Allerdings ergibt sich die Zulässigkeit der Beschwerde nicht etwa daraus, wie das SG Oldenburg in seinem Beschluss vom 10. Januar 2011 auch gemeint hat, dass es die Beschwerde "wegen der grundsätzlichen Bedeutung" (hinsichtlich der Frage der europarechtskonformen Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs des § 7 SGB II) habe zulassen können. Auch wenn die genannte Frage angesichts der hierzu noch fehlenden höchstrichterlichen Klärung durch das Bundessozialgericht grundsätzlich bedeutsam i. S. des § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist, kommt eine Beschwerdezulassung durch das Sozialgericht nicht in Betracht; denn eine derartige Zulassung ist in dem Sozialgerichtsgesetz für Beschwerdeverfahren nicht vorgesehen. Lediglich für Hauptsacheverfahren sieht § 144 SGG (in Absatz 1 Satz 1, 1. Halbsatz) vor, dass das erstinstanzliche Gericht von sich aus (bei Vorliegen der Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 SGG) die Berufung zulassen kann. Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats (s. z. B. die Beschl. vom 9. Dezember 2010 - L 13 AS 317/10 B ER - und vom 4. Januar 2010 - L 13 AS 4/10 B ER -; ebenso: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. vom 15. Februar 2010 - L 15 AS 27/10 B ER - und vom 25. September 2009 - L 15 AS 869/09 B ER -; LSG Hamburg, Beschl. vom 16. Januar 2009 - L 5 B 1136/08 ER AS -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 11. März 2010 - L 20 AS 2061/09 B ER -, vom 23. April 2009 - L 5 AS 640/09 B ER - und vom 27. Februar 2009 - L 5 B 2380/08 AS ER -; a. A. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. vom 24. Februar 2010 - L 7 AS 1446/09 B ER - und vom 8. Juli 2009 - L 6 AS 335/09 B ER), dass auch das Landessozialgericht in Beschwerdeverfahren, die sich auf einstweilige Rechtsschutzverfahren beziehen, Zulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 SGG nicht zu prüfen hat und dass eine Beschwerde daher selbst durch das Landessozialgericht nicht zugelassen werden könnte, wenn der Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG wegen Unterschreitens des Schwellenwertes von 750,00 € in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG greift.

Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich hier aber zweifelsfrei nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Denn der Antragsgegner ist - auch soweit es nach der von ihm erhobenen Beschwerde nur um seine Verpflichtung zur vorläufigen Leistungserbringung an die Antragstellerin ab 1. Januar 2011 geht - durch den angefochtenen Beschluss vom 10. Januar 2011 zu SGB II-Leistungen an die Antragstellerin verpflichtet worden, die wertmäßig bei Weitem den Schwellenwert von 750,00 € übersteigen; die Beschwer des Antragsgegners liegt daher deutlich über dem Schwellenwert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.

2. Die demnach zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist aber unbegründet. Denn das SG Ol...

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