Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsweg. Zuständigkeit der Zivilgerichte für eine Feststellungsklage zwecks Klärung der Delikteigenschaft einer Insolvenzforderung
Leitsatz (amtlich)
Für eine Feststellungsklage zwecks Klärung der Delikteigenschaft einer Insolvenzforderung nach § 302 Nr 1 Insolvenzordnung zur Herausnahme aus der Restschuldbefreiung sind die Zivilgerichte zuständig, selbst wenn sozialrechtliche Forderungen im Streit stehen.
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 4. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Beschwerde an das Bundessozialgericht wird zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Delikteigenschaft einer Insolvenzforderung der Klägerin zwecks Herausnahme aus der Restschuldbefreiung gemäß §§ 304 Abs. 1 Satz 1, 302 Nr. 2 Insolvenzordnung (InsO) streitig. Das Sozialgericht (SG) hat vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 17a Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) entschieden.
Der Beklagte stand vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Juli 2004 durchgehend im Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) bei der Klägerin. Gleichzeitig war er als Interviewer tätig und erzielte daraus Jahreseinkünfte bis 70.000,00 DM. Da der Beklagte die Klägerin die ganze Zeit über die selbstständige Tätigkeit und die daraus erzielten Einkünfte und vor allem über die entfallende Bedürftigkeit getäuscht hatte, wurde er durch Urteil des Amtsgerichts (AG) Hannover vom 12. Dezember 2007 wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt (Az.: 245 Ds 233 Js 23049/07). Mit bestandskräftigem Bescheid vom 30. Juni 2006 nahm die Klägerin die Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Juli 2004 zurück und verlangte vom Beklagten die Erstattung der in diesem Zeitraum erhaltenen Leistungen in Höhe von 46.263,74 €. Beitreibungsversuche blieben erfolglos.
Nachdem das AG B. im Jahre 2009 über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet hatte (Az.: 903 IN 583/09), meldete die Klägerin die Forderung gegen den Beklagten in Höhe von 46.263,74 € zur Insolvenzgeldtabelle mit dem Antrag an, diese Forderung gemäß § 302 Satz 1 Nr. 1 InsO von der Erteilung der Restschuldbefreiung auszunehmen. Ausweislich des Auszugs der Insolvenztabelle vom 17. September 2009 bestritt der Beklagte, dass die Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung entstanden sei. Daraufhin erhob die Klägerin am 24. November 2009 beim SG Hannover gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 InsO Klage gegen den Beklagten mit dem Antrag, festzustellen, dass die zur Insolvenzgeldtabelle eingetragene festgestellte Forderung in Höhe von 46.263,74 € auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten beruhe. Der Rechtsweg zum Sozialgericht sei anhand der Ausführungen im Urteil des Senates vom 19. Februar 2008 - L 7 AL 283/05 - gegeben.
Das SG Hannover hat mit Beschluss vom 4. November 2013 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten als unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht (LG) B. verwiesen. In den Gründen hat es ausgeführt, dass sich der Rechtsweg grundsätzlich nach der Natur des Rechtsverhältnisses richte, aus dem der Klageanspruch hergeleitet werde. Die Abgrenzung sei von der Sache her zu treffen. Von einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis sei dann auszugehen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts handele. Die isolierte Feststellung über einen Schadenersatzanspruch aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung beurteile sich jedoch nach den Vorschriften des Zivilrechts. Aus diesem Grunde habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass derartige Rechtsstreite vor den Zivilgerichten zu führen seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 31. Oktober 2013 eingegangene Beschwerde der Klägerin. Sie ist unter Bezugnahme auf ein Urteil des SG Braunschweig vom 31. Juli 2013 - S 59 AL 119/11 - sowie auf Stellungnahmen in der Kommentarliteratur, dass neben dem Schadenersatzanspruch aus § 321 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) eine deliktischer Schutz nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht möglich sei, weiterhin der Auffassung, dass die Zuständigkeit des Sozialgerichts gegeben sei.
Der Beklagte hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
II.
Die Beschwerde ist nach § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG statthaft und auch im Übrigen (§ 173 SGG) zulässig. Sie ist aber unbegründet. Das SG hat zu Recht den Rechtsstreit an das Landgericht B. zuständigkeitshalber verwiesen. Die streitige Feststellung nach § 302 Nr. 1 InsO stellt sich nicht als Angelegenheit der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben des Bundesagentur für Arbeit (§ 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG) dar, die eine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit begründen würde.
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