Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtzeitige Ausstellung und Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Voraussetzung des Krankengeldanspruchs

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Krankengeld ist ausgeschlossen, wenn bei dem Versicherten weder Arbeitsunfähigkeit feststellbar ist, noch von ihm eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden kann.

2. Bezieht der Versicherte bei der Erstellung einer erneuten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits Arbeitslosengeld 2, so ist ein Anspruch auf Bewilligung von Krankengeld ausgeschlossen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.07.2013; Aktenzeichen B 1 KR 122/12 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Krankengeld über den 03.12.2009 hinaus.

Die im Jahre 1959 geborene Klägerin und Berufungsklägerin war zuletzt als Verwaltungsangestellte der Polizei mit Bürotätigkeit beschäftigt. Seit dem 01.01.2008 ist sie arbeitslos. Sie ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert.

Die Klägerin war ab dem 10.08.2009 aufgrund einer Darmerkrankung und einer arteriellen Hypertonie arbeitsunfähig und bezog seit dem 21.09.2009 von der Beklagten Krankengeld.

Nach einem Telefongespräch des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) mit der Hausärztin der Klägerin, Frau D., teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 24.09.2009 mit, dass deren Arbeitsunfähigkeit zum 30.09.2009 enden werde.

Auf den Widerspruch der Klägerin holte die Beklagte ein Gutachten des MDK ein, der am 24.11.2009 eine ambulante Untersuchung der Klägerin durchführte. In dem am 02.12.2009 erstatteten Gutachten gelangte der MDK zu der Einschätzung, Arbeitsunfähigkeit sei bei der Klägerin nicht mehr gegeben. Der Hypertonus sei nach Aussagen der Klägerin nicht medikamentös therapiert, da die Einnahme der Medikamente zu Darmbeschwerden geführt hätte. Zum Zeitpunkt der Untersuchung hätten normotensive Werte vorgelegen. Sämtliche geklagten Beschwerden seien in der medizinischen Untersuchung nicht nachvollziehbar gewesen. Die Klägerin könne vollschichtige Tätigkeiten überwiegend im Sitzen (Bürotätigkeiten) in erreichbarer Nähe einer Toilette ausüben. Unter der Befunderhebung hieß es ferner: “Agitierte, zum Teil recht aggressiv wirkende Patientin, zur Sachlage voll orientiert, Verhalten situationsadäquat, ….„.

Am 09.10.2009, also noch vor Erlass eines Widerspruchsbescheides, hat die Klägerin Klage erhoben, die (1.) auf über den 03.12.2009 hinausgehende Krankengeld-Zahlung sowie (2.) auf Nichtigerklärung bzw. Löschung des MDK-Gutachtens, insbesondere hinsichtlich der Passage über eine Aggressivität der Klägerin, gerichtet war.

Die Beklagte führte in einem an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom 30.11.2009 aus, dass ab dem 24.11.2009 kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestehe und eine Weiterzahlung allein aus verwaltungstechnischen Gründen bis zum 03.12.2009 erfolgen werde. Die Klägerin hat den Zugang dieses Schreibens bestritten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Anschließend begründete die Klägerin ihre vor dem Sozialgericht erhobene Klage ergänzend damit, dass sie anlässlich der Begutachtung durch den MDK am 24.11.2009 fehlerhaft untersucht worden sei. In einem Erörterungstermin gab sie an, die dortige Ärztin habe ihr gesagt, von Frau D. keine Unterlagen erhalten zu haben. Die Ärztin habe ruckartig ihren Kopf gedreht. Daraufhin sei ihr schwindelig geworden. Auf dem Rückweg sei sie wegen des Schwindelgefühls gestürzt. Am 25.11.2010 sei sie von Herrn Dr. E. erneut arbeitsunfähig geschrieben worden.

Später gab sie an, sie habe die Unterlagen bei der Beklagten mit Hilfe einer Zeugin abgegeben. Hinsichtlich des 25.11.2010 liege ihr eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung doch nicht vor. Zudem trug sie vor, bei ihr sei inzwischen eine Brustkrebserkrankung mit einer Tumor-Größe von etwa 10 cm festgestellt worden, die bereits im MDK-Gutachten (vom November 2009) hätte auffallen und zur Arbeitsunfähigkeit-Feststellung hätte führen müssen.

Die behandelnde Ärztin, Frau D., teilte dem Sozialgericht mit, sie habe der Klägerin am 29.12.2009 bescheinigt, dass die weitere Arbeitsunfähigkeit medizinisch indiziert sei. In der vorangegangenen Zeit hatte die Ärztin zuletzt am 12.10.2009 für nicht absehbare Zeit eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Über die Klage hat das Sozialgericht mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat die Klage mit Urteil vom 17.06.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für eine Weiterzahlung von Krankengeld fehle es sowohl an einer Arbeitsunfähigkeit der Klägerin über den 24.11.2009 hinaus als auch an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, da die - mit Herrn Dr. E. in Praxisgemeinschaft tätige - Ärztin Frau D. in ihrem vom Sozialgericht beigezogenen Befundbericht mitgeteilt habe, nach dem Monat Oktober 2009 sei die nächste Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Kl...

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