Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Einräumung von Schwarzlohnzahlungen seitens des Arbeitgebers. Verständigung mit Finanzverwaltung. Berücksichtigung als Grundlage für eine Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Arbeitgeber im Rahmen einer mit der Finanzverwaltung erzielten tatsächlichen Verständigung Schwarzlohnzahlungen in konkret benannter Höhe ausdrücklich eingeräumt, dann steht ein nachfolgendes unsubstantiiertes Bestreiten der Richtigkeit der eigenen Angaben ihrer Berücksichtigung als Grundlage für eine Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht entgegen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 18. Mai 2016 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens aus beiden Rechtszügen mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung auf der Grundlage einer nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchgeführten Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 2003 bis 2005 in Höhe von insgesamt 108.680,86 € (einschließlich 40.315 € Säumniszuschläge).
Die Klägerin widmet sich in der Rechtsform einer GmbH dem Transport von Personen. Geschäftsführer und Gesellschafter ist der Taxiunternehmer K. L.. Dieser ging im Prüfzeitraum seinem Gewerbe auch vermittels zweier weiterer jeweils in der Rechtsform einer GmbH geführten Unternehmen, und zwar der M. GmbH und der L. Personenbeförderungs GmbH, nach.
Nach den Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils des Amtsgerichts N. vom 20. Dezember 2011, mit dem K. L. wegen Einkommensteuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 190 Tagessätzen verurteilt worden ist, verfügte dieser im Prüfzeitraum über bis zu acht Taxen, die er im Rahmen der drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (d.h. der Klägerin des vorliegenden Verfahrens und der o.g. beiden weiteren Gesellschaften) mit entsprechenden Fahrern im Taxigeschäft einsetzte. Ein Teil der dabei erzielten Einnahmen wurde nicht ordnungsgemäß verbucht und wurde dementsprechend in den Geschäftsunterlagen der drei Gesellschaften nicht ausgewiesen. Um dies zu vertuschen, wurde im Gegenzug bei den Betriebsausgaben auch ein Teil der Kraftstoffaufwendungen nicht erfasst. Entsprechend wurde auch nur ein Teil der tatsächlichen Lohnaufwendungen verbucht. Ferner ließ K. L. den Kilometerstand der Taxen jedenfalls teilweise durch seine Mitarbeiter mit der Zielrichtung manipulieren, dass nur ein Teil der tatsächlich gefahrenen Kilometer angezeigt wurde.
Nachdem die Steuerfahndung die unzureichende Erfassung der Kraftstoffausgaben und damit zugleich die unzureichende Erfassung der Einnahmen aus dem Taxigeschäft aufgedeckt hatte, trafen die Klägerin und die o.g. beiden weiteren Gesellschaften, jeweils vertreten durch K. L., mit der Finanzverwaltung Anfang 2009 eine tatsächliche Verständigung, in deren Rahmen die Gesellschaften die Erzielung von erheblichen weiteren in ihren Buchhaltungsunterlagen zuvor nicht ausgewiesenen Betriebseinnahmen einräumten.
Im Einzelnen wurden für die Klägerin nach Maßgabe der Auskunft des Finanzamtes O. vom 18. Februar 2009 (Bl. 1 Verwaltungsvorgänge) folgende zusätzliche Einnahmen anerkannt (wobei sich die nachfolgend aufgeführten Beträge rechnerisch aus den in diesem Schreiben für einzelnen Jahren ausgewiesen zusätzlichen, d.h. zuvor nicht verbuchten und versteuerten, Lohnzahlungen ergeben, die ausweislich der damaligen Verständigung jeweils 40 % der ihrerseits auch nicht verbuchten und versteuerten zusätzlichen Einnahmen ausgemacht haben):
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Kalenderjahr |
zusätzliche Einnahmen in Euro |
2003 |
74.900 |
2004 |
96.300 |
2005 |
53.500 |
Im Rahmen dieser tatsächlichen Verständigung erzielten die Gesellschaften und die Finanzverwaltung zugleich Einvernehmen darüber, dass in Höhe von 40 % der zuvor verbuchten Betriebseinnahmen weitere Betriebsausgaben in Form zuvor ihrerseits auch nicht verbuchter zusätzlicher Lohnzahlungen zu berücksichtigen seien, wobei diese zusätzlichen Lohnzahlungen der Lohnsteuer unterliegen würden und mit einem Lohnsteuersatz (einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) von 20 % zu versteuern seien.
Ausgehend von diesem Ansatz ergaben sich aus dieser tatsächlichen Verständigung für die Klägerin folgende weitere bislang nicht verbuchte Lohnaufwendungen:
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Kalenderjahr |
anerkannte zusätzliche Nettolohn-ausgaben |
2003 |
29.960 |
2004 |
38.520 |
2005 |
21.400 |
Summe: |
89.880 |
Ausgehend von diesen bislang nicht erfassten und dementsprechend nicht versteuerten Lohnzahlungen für die Jahre 2003 bis 2005 in einer Gesamthöhe von 89.880 € setzte das Finanzamt N. gegenüber der Klägerin unter Zugrundelegung des in der Verständigung festgehaltenen Steuersatzes von 20 % mit Bescheid vom 7. Juli 2008 Nachzahlungen für Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in e...