Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Abrechnungsausschluss der Nr 40100 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen ab 1.4.2009. kein Verstoß gegen die Honorarverteilungsgerechtigkeit. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Der Ausschluss der Berechnungsfähigkeit der Kostenpauschale 40100 EBM (juris: EBM-Ä 2008) in Behandlungsfällen, in denen neben Basislaborleistungen noch Speziallaborleistungen erbracht und abgerechnet werden (Mischfällen), ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Insbesondere stellt der Ausschluss keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Ärzte dar, die in Speziallaboren tätig sind.

 

Normenkette

SGB V §§ 106a, 87; EBM Ä 2008 40100; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.12.2015; Aktenzeichen B 6 KA 39/15 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. August 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Klage- und Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 23.353 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Honorarberichtigung.

Die Klägerin ist ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit labormedizinischem Schwerpunkt und in C. zur Teilnahme der vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) berichtigte die Honoraranforderungen der Klägerin für das Quartal II/2009 in 294 Behandlungsfällen hinsichtlich der Gebührenposition 40100 (Kostenpauschale für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen ((EBM) in der ab dem 1. April 2009 gültigen Fassung) in Höhe von 7.784,40 Euro. Nach einer neu in die Leistungslegende der Kostenpauschale aufgenommenen Anmerkung sei die Pauschale im selben Behandlungsfall nicht (mehr) neben Gebührenpositionen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM berechnungsfähig (Honorarbescheid vom 14. Oktober 2009). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. März 2010; zur Post gegeben am 22. März 2010).

Die Klägerin hat am 31. März 2010 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover erhoben und dort geltend gemacht, die Beklagte sei nicht berechtigt, in “Mischfällen„ (gleichzeitige Erbringung von Basis- und Speziallaborleistungen) die Abrechnung der Kostenpauschale 40100 EBM sachlich-rechnerisch zu berichtigen. Dies ergebe sich aus einer Auslegung der in die Leistungslegende der Pauschale aufgenommenen Anmerkung, wonach sich der Abrechnungsausschluss nur auf Behandlungsfälle beziehen könne, in denen ausschließlich Basislaborleistungen erbracht und abgerechnet worden seien. Nur insoweit erfolge die Abrechnung der Pauschale “neben„ Leistungen der Abschnitte 32.2.1 bis 32.2.7 EBM. Unabhängig davon sei die Beklagte aber auch dann nicht berechtigt, die Abrechnung der Pauschale sachlich-rechnerisch zu berichtigen, wenn die in die Leistungslegende der Gebührenposition aufgenommene Anmerkung so auszulegen wäre, dass sich der Abrechnungsausschluss auch auf Mischfälle beziehe. Eine solche Auslegung sei mit höherrangigem Recht (Art 12 Abs 1 GG iVm Art 3 Abs 1 GG) nicht zu vereinbaren; sie führe zu einem unverhältnismäßigen, offensichtlich willkürlichen und damit sachlich nicht zu rechtfertigenden Berechnungsausschluss. Dadurch könnten weder die regionalen Versorgungsstrukturen der vertragsärztlichen Laborgemeinschaften erhalten, noch die mit der Einführung der Direktabrechnung im Bereich der Labormedizin im Zusammenhang stehenden Kostensteigerungen verhindert werden. Diese Intention greife nur, wenn in einem Behandlungsfall ausschließlich Basislaborleistungen zu erbringen seien. Denn für alle in Auftrag gegebenen Speziallaborleistungen sei die Pauschale auch vor der Aufnahme der Anmerkung in die Leistungslegende der Gebührenposition 40100 EBM berechnungsfähig gewesen. Im Übrigen käme - weil durch die vermehrte Überweisung von Basislaborleistungen zusätzliche Versand-, Transport- und Befundübermittlungskosten entstünden - die Anwendung des Abrechnungsausschlusses auf Mischfälle einer finanziellen Bestrafung der Laborfachärzte gleich und treffe im Ergebnis eine Arztgruppe, die nur auf Überweisung tätig werde und damit für die infolge der Laborreform 2008 entstandenen Kostensteigerungen nicht verantwortlich sei. Schließlich treffe es auch nicht zu, dass in den Basislaborleistungen des EBM Versand- und Transportkostenanteile bereits einberechnet seien. Dies ergebe sich aus der Nr. 7.1 der Allgemeinen Bestimmungen des EBM.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 7. August 2013 stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin “die wegen der gleichzeitigen Erbringung von Leistungen nach den Abschnitten 32.2.1 bis 32.3.7 EBM im selben Behandlungsfall gestrichenen Kostenpau...

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