nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Oldenburg (Entscheidung vom 18.08.1999; Aktenzeichen S 6 KR 158/98)

 

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 18. August 1999 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für ein Decubituskissen.

Der am 2. Oktober 1940 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Er lebt im Pflegeheim D., einer zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung iS des § 72 Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI). Er leidet unter einem Zustand nach apoplektischem Insult und ist ständig auf einen Rollstuhl angewiesen. Er ist ua mit einem Rollstuhl, einer Wechseldruckauflegematratze und einem Gelkissen versorgt. Der Kläger bezieht Leistungen gemäß § 43 SGB XI für die vollstationäre Pflege nach der Pflegestufe I.

Der praktische Arzt E., verordnete dem Kläger am 25. Februar 1998 ein RoHo-Decubituskissen. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme für dieses Kissen mit Bescheid vom 20. März 1998 ab, da Hilfsmittel gegen Decubitus zu der notwendigen Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung gehörten. Sie erleichterten in stationären Einrichtungen die Pflege und reduzierten den individuellen Pflegeaufwand, so dass das Pflegepersonal für andere Aufgaben zur Verfügung stehe. Sie seien nicht individuell anzupassen und daher nicht zu Lasten der Krankenversicherung verordnungsfähig.

Seinen am 30. März 1998 erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass das Decubituskissen speziell für ihn bestimmt und auf die Besonderheiten seines Leidens abgestimmt sei. Es ermögliche ihm, sich ganztägig ausserhalb des Bettes aufzuhalten. Er habe eine ausgeprägte Neigung zum Decubitus und müsse ohne das begehrte Kissen tagsüber mehrere Stunden im Bett verbringen. Dies sei für ihn eine besondere persönliche Beeinträchtigung. Das Kissen würde zu einer Verbesserung seiner Selbständigkeit bzw zu einer Erleichterung zur aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben führen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Juli 1998 zurück. Sie führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Bei Heimbewohnern könne ein Hilfsmittel im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur dann in Betracht kommen, wenn dieses ausschließlich von den betroffenen Versicherten genutzt werden könne. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn es sich um individuelle Anpassungen und Sonderanfertigungen handele, die nach den besonderen krankheitsbedingten Bedürfnissen des Einzelnen angepasst und angefertigt würden, wie beispielsweise eine Prothese. Hilfsmittel in stationären Pflegeeinrichtungen könnten nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden, wenn sie zur Erleichterung der Pflege dienten. Hilfsmittel gegen Decubitus gehörten zu der notwendigen Ausstattung einer stationären Pflegeeinrichtung. Zu diesen Hilfsmitteln zählten ua Sitzhilfen zur Vorbeugung und Be- oder Nachbehandlung. Druckgeschwüre würden in der Regel als Pflegedefizit aufgrund mangelnder Pflege angesehen. Hilfsmittel gegen Decubitus erleichterten in stationären Einrichtungen die Pflege und reduzierten den individuellen Pflegeaufwand, so dass das Pflegepersonal für andere Aufgaben zur Verfügung stehe. Die Pflegeeinrichtung habe sicherzustellen, dass Pflegedefizite aufgrund mangelnder Pflege nicht aufträten. Somit gehörten die Hilfsmittel gegen Decubitus zur notwendigen Ausstattung eines Pflegeheimes und seien nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig.

Hiergegen hat der Kläger am 21. August 1998 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Oldenburg erhoben. Er hat zur Begründung vorgetragen, dass es in seinem Fall nicht um die Erleichterung der Pflege, sondern um den Ausgleich einer Behinderung gehe. Es gelte, die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen und zu verbessern. Wegen seiner Lähmung sei er gezwungen, den ganzen Tag im Rollstuhl zu verbringen. Dies bringe eine extreme Belastung für das Gesäß mit sich, die durch ein Gelkissen nicht ausgeglichen werden könne. Durch das RoHo-Kissen würde vermieden, dass er jeden Tag aus dem allgemeinen Tagesablauf für Stunden herausgerissen werden müsse, um seine Ruhezeiten außerhalb des Rollstuhls im Bett zu nehmen.

Das SG Oldenburg hat mit Urteil vom 18. August 1999 den Bescheid der Beklagten vom 20. März 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 1998 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein RoHo-Decubituskissen zu leisten. Das fragliche Decubituskissen sei ein Hilfsmittel im Sinne des § 33 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Ein solches gehöre zweifelsohne nicht zur Ausstattung eines Heimes. Von einem pflegerischen Defizit könne vorliegend nicht die Rede sein. Denn die Pflege am Kläger würde ja gerade dadurch erbracht, dass er ohne das Kissen gebettet werde, womit ihm gerade die Erfüllung seines Grundbedürfnisses im Rollstuhl beweglich zu bleiben, verwehrt werde. Der Grundanspruch...

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