Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenzahnärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Anhebung der Bemessungsgrundlage für unterdurchschnittlich abrechnende Zahnarztpraxen. Vorliegen bzw Nichtvorliegen einer besonderen Härte

 

Orientierungssatz

1. Eine ergänzende Regelung im Rahmen eines Honorarverteilungsmaßstabes einer Kassenärztlichen Vereinigung (KZÄV), die den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen eine Anhebung ihrer Bemessungsgrundlage unter der Voraussetzung gewährt, dass diese Praxen ihre Patientenzahlen im Vergütungszeitraum im Vergleich zu dem Bemessungszeitraum steigern konnten und die Steigerung nur durch den KZV-Landesdurchschnitt begrenzt, ist rechtmäßig.

2. Eine besondere Härte für die zahnärztliche Praxis stellen insbesondere solche Umstände dar, die die Patientenstruktur oder Behandlungsausrichtung dieser Praxis - entweder gewollt oder ungewollt - verändern. Sie sind gekennzeichnet dadurch, dass sie den Aufgaben- und Interessenbereich der jeweiligen KZÄV, nämlich die Versorgung der Patienten, berühren. Abzugrenzen hiervon sind solche Umstände, die die Organisation und das unternehmerische Risiko der jeweiligen Praxis betreffen und die insoweit persönliche Gründe des Vertragszahnarztes darstellen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.07.2006; Aktenzeichen B 6 KA 1/06 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe einer Honorarnachvergütung für das Quartal IV des Jahres 1999.

Die Klägerin ist in B seit 1975 als Zahnärztin zugelassen. Mit bindendem Bescheid vom 13. September 1999 setzte die Beklagte die neuberechnete HVM-Bemessungsgrenze für die Klägerin für das Jahr 1999 wie folgt fest: Die jährliche Bemessungsgrenze für die Sachleistungen betrug 115.849,00 DM und für die Zahnersatz-Leistungen 44.658,00 DM. Der Landesdurchschnitt der Beklagten lag für die Sachleistungen bei 212.800,00 DM und für die Zahnersatz-Leistungen bei 90.000,00 DM. Am 10. April 2000 erhielt die Klägerin von der Beklagten ihre Honorarabrechnung für das Quartal IV/99, woraus sich ein Einbehalt für den Bereich der Sachleistungen in Höhe von 5.723,50 DM ergab. Am 11. Mai 2000 erhob die Klägerin dagegen Widerspruch. Mit einem weiteren Bescheid vom 9. Mai 2000 entschied die Beklagte, dass die individuelle Bemessungsgrenze der Klägerin für das Jahr 1999 für beide zahnärztliche Bereiche nicht angehoben werde. Die bereits in dem Bescheid vom 13. September 1999 genannten Bemessungsgrenzen sollten danach auch vorläufig für das Jahr 2000 gelten. Mit einem weiteren Bescheid vom 10. Oktober 2000 erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass ihr für das Jahr 1999 eine Restvergütung in Höhe von 2.699,00 DM gutgeschrieben werde. Gegen diesen Bescheid und denjenigen vom 9. Mai 2000 erhob sie am 3. November 2000 Widerspruch unter Hinweis darauf, dass die Beklagte für das Quartal IV/99 letztendlich einen Einbehalt in Höhe von 3.024,50 DM vorgenommen habe, was nicht zutreffend sein könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2000 wies der Vorstand der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Zur Erläuterung wurde darin ausgeführt, dass die Berechnung der HVM-Bemessungsgrenze für sie in dem bestandskräftigen Bescheid vom 13. September 1999 vorgenommen und später auch nicht mehr korrigiert worden sei, weil bei ihr eine Patientenzahlsteigerung im Jahr 1999 im Vergleich zum Jahr 1997 nicht habe festgestellt werden können. Diese Bemessungsgrenzen seien die Grundlage für die Berechnung des Einbehaltes. Auch die Berechnung dieser Restvergütung beruhe auf den individuellen Bemessungsgrenzen der Klägerin. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung nach Abschnitt II, Ziffer 4 der Anlage zum HVM seien nicht gegeben.

Mit ihrer Klage vom 21. Dezember 2000 hat die Klägerin ihr Begehren fortgeführt. Zur Begründung hat sie auf ihren Vortrag in einem Parallelverfahren verwiesen, worin im Wesentliches Folgendes geltend gemacht worden ist: Die Beklagte habe die Vorgaben, die ihr das BSG in seinen Entscheidungen vom 21. Oktober 1998 gemacht habe, in ihrem HVM vom 31. August 1999 nicht zutreffend umgesetzt. Das BSG habe ausgeführt, dass gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit verstoßen werde, wenn Einbehalte unterhalb der landesdurchschnittlichen Bemessungsgrenze vorgenommen würden. Wenn der HVM der Beklagten die Steigerung der individuellen Bemessungsgrenze an den Aspekt der Steigerung der Patientenzahlen knüpfe, so sei dies willkürlich. Im Übrigen sei die Änderung des HVM auch deshalb unzweckmäßig, weil erst nach Ablauf des abgerechneten Jahres im Rahmen der Prüfung und Auszahlung des 4. Quartals errechnet werde, ob für die bereits abgerechneten Honorare des Jahres eine Steigerung der Patientenzahlen stattgefunden habe. Der Zahnarzt werde gezwungen, den Bemessungsbescheid mit dem Widerspruch und evtl. der Klage anzugreifen. Darüber hinaus habe der Zahnarzt zu Beginn eines jeden Abrechnungsjahres nach wie vor keine sichere Abrechnungsgrundlage, weil ihm nicht bekannt sei, ob seine Bemessungsgrenze am Ende des J...

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