Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. fiktive Bemessung nach Qualifikationsgruppen. kein Bemessungszeitraum mit 150 Tagen Arbeitsentgeltanspruch im erweiterten Bemessungsrahmen. Bezug von Krankengeld bzw Erwerbsminderungsrente. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die fiktive Bemessung des Arbeitslosengeldes nach Qualifikationsgruppen gem § 132 SGB 3 idF vom 23.12.2003, wenn aufgrund des Bezuges von Krankengeld bzw Erwerbsminderungsrente der Bemessungszeitraum im nach § 130 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 3 erweiterten Bemessungsrahmen weniger als 150 Tage mit Arbeitsentgeltanspruch enthält.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen B 7 AL 23/08 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg) ab dem 1. März 2005.

Der ... 1946 geborene Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 28. Februar 2005 als Ingenieur bei der Firma C V D GmbH beschäftigt und erzielte ausweislich einer Arbeitgebermitteilung vom 16. Januar 2003 ab dem 1. Januar 2003 ein beitragspflichtiges Einkommen in Höhe von 4.459,00 Euro bei einem Gesamtjahreseinkommen von 57.967,00 Euro. Ausweislich einer Bescheinigung des Krankenversicherungsträgers erhielt er ab dem 21. Mai 2003 Krankengeld in Höhe eines (ungekürzten) Regelentgeltes von 133,81 Euro täglich. Ab dem 1. November 2003 bezog der Kläger eine bis zum 28. Februar 2005 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung; der monatliche Auszahlungsbetrag betrug 1.334,83 Euro.

Am 2. März 2004 sprach der Kläger persönlich bei der Leistungsberaterin der Beklagten, Frau B D vor. In dem im Anschluss an das Gespräch gefertigten Vermerk heißt es: "Herr G. erhält eine EU-Rente auf Zeit vom 1. November 2003 bis 28. Februar 2005. Er hat Widerspruch eingelegt. Wird sich noch mit seinem Rechtsanwalt beraten, ob der Widerspruch zurückgenommen wird. Über rechtzeitige Arbeitslosmeldung beim Auslaufen informiert. Evtl. wird Auflösungsvertrag mit AG geschlossen. Bei eingeschränktem Leistungsvermögen Alg nach Teilzeit erörtert. Keine Alg-Zahlung bei voller EU möglich. Nach Auslaufen der EU-Rente Alg-Bezug möglich nach Untersuchung durch Amtsarzt. Evtl. neue Renten-Antragstellung notwendig, wenn nach Amtsarzt § 125 SGB III erfüllt."

Ein weiteres persönliches Gespräch mit der Beraterin der Beklagten fand am 7. Juni 2004 statt: "AG beabsichtigt eine personenbedingte Kündigung auszusprechen und einen Abwicklungsvertrag mit dem AN zu schließen. Ob die Kündigung rechtmäßig ist, wird der Rechtsanwalt klären. Ggf. bei Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung Sperrzeit angesprochen. Hat die Möglichkeit während der Kü'frist 20 Stunden im Monat zu arbeiten. Keine Auswirkung auf Bemessung. Auf sofortige Meldung beim AA bei Kündigung hingewiesen."

Der Kläger meldete sich am 1. Dezember 2004 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zeitgleich erklärte er, dass er beabsichtige, Arbeitslosengeld unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III zu beziehen. Der Beginn der Altersrente sei vom Rentenversicherungsträger auf den 1. November 2009 festgelegt worden.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt vom 96,60 Euro in Höhe eines täglichen Leistungssatzes von 40,69 Euro.

Dagegen richtete sich der Kläger mit seinem Widerspruch vom 22. Februar 2005. Sein beitragspflichtiges Einkommen habe 4.460,28 Euro betragen, das Jahreseinkommen 55.798,86 Euro. Er habe sich während des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente mehrfach von der Beklagten beraten lassen; diese sei stets bei der Berechnung des monatlichen Arbeitslosengeldes vom beitragspflichtigen Einkommen vor seiner Erkrankung ausgegangen. Bei einem Beratungsgespräch am 8. Januar 2004 sei die Leistungsberaterin der Beklagten, Frau B D von einem wöchentlichen Leistungssatz von 430,85 Euro ausgegangen. Bei einem weiteren Gespräch am 7. Juni 2004 seien ihm von der Leistungsberaterin keine abweichenden Zahlen benannt worden. Er sei nur auf Änderungen der Anspruchsdauer und auf die in diesem Zusammenhang einzuhaltenden Fristen hingewiesen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Mit Wirkung zum 1. Januar 2005 seien durch das 3. Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 einige gesetzliche Änderungen erfolgt. Der Bemessungszeitraum umfasse die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasse ein Jahr; er ende mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Der Bemessungsrahmen sei auf zwei Jahre zu erweitern, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 1...

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