Verfahrensgang

SG Aurich (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen S 5 AL 32/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Sozialgerichts Aurich vom15. Januar 2003 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 18. Januar 2001 für eine Restanspruchsdauer von 200 Tagen. Die Beklagte lehnt die Zahlung wegen eines angenommenen Erlöschens des Anspruchs durch Zeitablauf ab, § 147 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Ab dem 1. Februar 2003 befindet die Klägerin sich in einer Halbtagsbeschäftigung.

Die im Juli 1970 geborene Klägerin war vom 17. Oktober 1994 bis 31. Dezember 1996 versicherungspflichtig beschäftigt. Ihr Bruttomonatsentgelt betrug 3.098,67 DM.

Die Klägerin meldete sich am 19. Dezember 1996 bei ihrem Arbeitsamt und begehrte Leistungsgewährung. Alg wurde ab dem 1. Januar 1997 für eine Anspruchsdauer von 312 Tagen bewilligt (Bescheid vom 23. Januar 1997). Das Alg wurde letztlich bis zum 10. Mai 1997 gezahlt. Für die Zeit ab dem 11. Mai 1997 wurde die Bewilligung des Alg aufgehoben (Bescheide vom 16. Mai und 1. Juli 1997). Grund war der Bezug von Mutterschaftsgeld für die am 22. Juni 1997 geborene Tochter I.. Die Klägerin hatte ihr Arbeitsamt über die bevorstehende Geburt telefonisch unterrichtet. Für ihre Tochter I. erhielt die Klägerin weiterhin Erziehungsgeld bis zum 21. Juni 1999 (zwei Jahre). Für die am 18. Januar 1999 geborene Tochter J. erhielt die Klägerin Erziehungsgeld bis einschließlich 17. Januar 2001 (ebenfalls zwei Jahre).

Die Klägerin meldete sich am 10. Januar 2001 wiederum arbeitslos und begehrte Leistungsgewährung ab 18. Januar 2001 (nach Ablauf des Erziehungsgeld-Bezuges). Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 24. Januar 2001 abgelehnt. Der Alg-Anspruch sei ab 2. Januar 2001 erloschen, eine neue Anwartschaftszeit habe die Klägerin nicht erfüllt. Anspruch auf Arbeitslosenhilfe habe die Klägerin ebenfalls nicht, da sie innerhalb der Vorfrist vom 18. Januar 1998 bis 17. Januar 2001 kein Alg bezogen habe. Die Klägerin legte Widerspruch mit der Begründung ein, sie habe sich im August 2000 telefonisch beim Arbeitsamt K. erkundigt, bis wann sie sich spätestens arbeitslos melden müsse, um ihren Anspruch auf Alg zu erhalten. Der Name des Sachbearbeiters sei ihr nicht bekannt. Die Auskunft habe dahin gelautet, dass sie sich spätestens am 18. Januar 2001 (zweiter Geburtstag der Tochter) melden müsse. Darauf habe sie sich verlassen. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2001 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Anspruch auf Alg könne nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien, § 147 Abs 2 SGB III. Der Alg-Anspruch der Klägerin sei am 1. Januar 1997 entstanden. Bei der Beantragung am 10. Januar 2001 seien nach der Entstehung des Anspruchs vier Jahre verstrichen gewesen.

Die Klägerin hat am 22. März 2001 Klage beim Sozialgericht (SG) Aurich erhoben. Sie hat nochmals vorgetragen, dass sie sich auf die telefonische Auskunft im September 2000 verlassen habe. Die Beklagte hat dazu erwidert, dass sich eine telefonische Auskunft nicht habe ermitteln lassen.

Das SG hat der Klage mit Urteil vom 15. Januar 2003 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 18. Januar 2001 Alg zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte sich nicht auf die Versäumung der Frist des § 147 Abs 2 SGB III berufen könne. Die Beklagte habe es pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin sachgerecht über die Gefahr des Erlöschens ihres Alg-Anspruchs zu beraten. Bei einem Bezug von Mutterschaftsgeld bestehe grundsätzlich Anlass auf das mögliche Erlöschen des Anspruchs aufmerksam zu machen. Die Klägerin müsse daher aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob sie sich rechtzeitig gemeldet hätte.

Das Urteil wurde der Beklagten am 29. Januar 2003 zugestellt.

Die Beklagte hat am 14. Februar 2003 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, dass eine Beratungspflicht über das Erlöschen des Anspruchs zum Zeitpunkt des Bezuges des Mutterschaftsgeldes im Mai 1997 nicht bestanden habe. Die Zahlung des Alg sei wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld ab 11. Mai 1997 eingestellt worden. Ein Erlöschen des Anspruchs habe erst ab 2. Januar 2001 eintreten können, 3½ Jahre nach Beginn des Bezuges des Mutterschaftsgeldes. Selbst bei Inanspruchnahme von Mutterschafts- und Erziehungsgeld hätte der Anspruch innerhalb der Verfallsfrist erneut geltend gemacht werden können. Eine Beratung in Bezug auf die Möglichkeit, dass sich aufgrund eines zweiten Kindes ein zweiter Bezug von Erziehungsgeld anschließe, könne nicht erwartet werden. Ein konkreter Anlass zu einer derart weitgehenden Beratung habe nicht bestanden. Erst die Geburt des zweiten Kindes im Jahre 1999, die von ihr – der Beklagten – nicht habe vorausgesehen werden können, habe zu dem Ergebnis geführt, dass bei erneuter Meld...

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