Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. trägerübergreifendes Persönliches Budget. Rehabilitationsfähigkeit. Fehlen der persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB 6
Orientierungssatz
1. Zum Nichtvorliegen eines Anspruchs auf die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (hier: eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets) eines an Multipler Sklerose Erkrankten, dessen Teilnahme am Erwerbsleben unter betriebsüblichen Bedingungen weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch in dem angestrebten Berufsfeld (hier: Techniker) möglich ist und dessen Wegefähigkeit nach rentenrechtlichen Maßstäben aufgehoben ist.
2. Voraussetzung und damit rechtlicher Prüfungsmaßstab des Begehrens des Klägers auf die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets ist nicht nur eine fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich des "ob" und der Höhe des beantragten persönlichen Budgets, sondern - gegenüber dem Rentenversicherungsträger darüber hinaus - eine fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich Art, Weise und Ort der vom Rentenversicherungsträger zu gewährenden Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB 9 sowie - als grundlegende Voraussetzung im Rentenversicherungsrecht - das Vorliegen der versicherungsrechtlichen und persönlichen Voraussetzungen nach §§ 10, 11 und 12 SGB 6.
3. Es handelt sich damit um ein gleichsam "dreistufiges Verfahren", bei dem die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets (am Ende der dritten Stufe) nur dann erfolgen kann und darf, wenn auch die Voraussetzungen der ersten und zweiten Stufe des Prüfungsverfahrens erfüllt sind (vgl LSG Celle-Bremen vom 17. 3.2005 - L 1 RA 196/04; LSG Chemnitz vom 28.8.2008 - L 3 B 613/07 SO-ER; VG Saarlouis vom 15.9.2009 - 11 L 442/09).
4. § 10 Abs 1 Nr 2a SGB 6 kann nicht angewendet werden, wenn eine Minderung der Erwerbsfähigkeit bereits eingetreten ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Gewährung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets zur Fortsetzung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).
Der im Jahre 1956 geborene Kläger hat den Beruf des Heizungsbauers erlernt und ausgeübt. Er hat - mit Unterbrechungen wegen Arbeitslosigkeit - auch in anderen Berufen gearbeitet.
Nach einem Bandscheibenvorfall (in Höhe L4/5) im Jahre 1989 sowie nach der Diagnose einer Multiplen Sklerose (MS) im Jahre 1991/92 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit - zeitweise Erwerbsunfähigkeit - ab 1989 (nach altem Recht; EU/BU) sowie Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer (VEM) ab 2001 (Bewilligungsbescheid vom 27. Juni 2001).
Dem Kläger sind seit 1997 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 und die Merkzeichen "G" sowie "B" zuerkannt.
Nach der Bewilligung der VEM-Rente war der Kläger von Dezember 2001 bis Dezember 2002 als technischer Angestellter bei einer Heizungs- und Klimafirma tätig (Arbeitgeberauskunft der Firma C. und D. in Hannover vom 31. Dezember 2002), zeitweise geringfügig beschäftigt und bewarb sich mehrfach vergeblich auf ausgeschriebene Stellen als Energiesystemtechniker oder Versorgungstechniker.
Mit Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 21. April 2004 wurde dem Kläger eine Umschulung zum Techniker im Heizungsbau bewilligt und die Maßnahme vom Kläger am 19. August 2004 begonnen. Nachdem der Kläger mehrfach nicht am Unterricht der Ausbildungsstätte teilgenommen hatte, wurde die Maßnahme am 28. September 2005 abgebrochen. In dem hierüber vom Kläger an dem Sozialgericht (SG) Hannover anhängig gemachten Rechtsstreit (S 13 R 601/06) nahm der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung (am 19. September 2007) seine gegen die Aufhebung des Bewilligungsbescheides zur Umschulung zum Techniker im Heizungsbau erhobene Klage zurück und beantragte gleichzeitig die Fortsetzung der abgebrochenen Maßnahme.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2008 die Fortsetzung der abgebrochenen Umschulungsmaßnahme mit der Begründung ab, dass der erfolgreiche Abschluss der LTA und damit eine Besserung der Lage des Klägers im Erwerbsleben aus medizinischen Gründen nicht zu erwarten sei. Seine hiergegen vor dem SG Hannover erhobene Klage (S 14 R 329/08) hat der Kläger am 18. November 2008 zurückgenommen.
Zwischenzeitlich - am 18. Januar 2008 - hatte der Kläger den zu diesem Verfahren Anlass gebenden Antrag auf LTA durch Bewilligung eines trägerübergreifenden persönlichen Budgets beim Sozialamt der Stadt E. gestellt, das den Antrag an die Beklagte weiterleitete.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 21. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2008 mit der Begründung ab, dass das trägerübergreifende persönliche Budget nur eine besondere Leistungsform der LTA sei und nicht bewilligt w...