Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung nach vorläufiger Entscheidung. Bildung eines Durchschnittseinkommens. Zufluss der Arbeitsentgelte aus mehreren Beschäftigungsverhältnissen im selben Monat. Absetzung des Grundfreibetrags und der Erwerbstätigenfreibetrage. Einbeziehung eines Heizkostenguthabens
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruchs nach vorläufiger Bewilligung gemäß § 41a Abs 4 SGB II sind innerhalb eines Monats zufließende, in unterschiedlichen Monaten erarbeitete Arbeitsentgelte aus zwei Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen der Durchschnittseinkommensbildung zu berücksichtigen, ohne dass der Grundfreibetrag und der Erwerbstätigenfreibetrag zweimal in Abzug zu bringen sind (Abgrenzung zu BSG vom 17.7.2014 - B 14 AS 25/13 R = BSGE 116, 194 = SozR 4-4200 § 11 Nr 67).
2. Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind (hier: Rückzahlung aus Heizkostenabrechnung), sind nicht in die Bildung des Durchschnittseinkommens nach § 41a Abs 4 SGB II einzubeziehen, da § 22 Abs 3 SGB II eine speziellere Regelung der Berücksichtigung solcher Guthaben enthält.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 12. März 2020 wird dahingehend geändert, dass der Beklagte unter Änderung seines Leistungsbescheides vom 14. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2017 verurteilt wird, der Klägerin zu 1.) weitere Leistungen in Höhe von 215,43 € und dem Kläger zu 2.) weitere Leistungen in Höhe von 25,69 € zu bewilligen, sein Erstattungsbescheid vom 14. November 2017 in der Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 28. November 2017 aufgehoben wird, soweit die für Juni 2017 geltend gemachten Erstattungen über 271,82 € (Klägerin zu 1.) und 32,43 € (Kläger zu 2.) hinausgehen, und die Klage im Übrigen zurückgewiesen wird.
Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat den Klägern die Hälfte ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die endgültige Festsetzung ihrer Leistungsansprüche nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum von Juni bis August 2017 und hieraus resultierende Erstattungsforderungen des Beklagten. Streitig ist im Berufungsverfahren nur noch die Leistungsbewilligung für den Monat Juni 2017.
Die 1979 geborene Klägerin zu 1.) stand gemeinsam mit ihrem 2004 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2.), im aufstockenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Den Klägern entstanden für ihre Mietwohnung monatliche Aufwendungen in Höhe von 420 € Grundmiete und 90 € Vorauszahlung für Betriebskosten. Ferner waren im Mai 2017 Heizkostenabschläge in Höhe von 91 € und im Juli und August 2017 in Höhe von (i. H. v.) 78 € monatlich zu zahlen. Am 2. Juni floss den Klägern das Heizkostenguthaben i. H. v. 73,27 € aus der Abrechnung vom 15. Mai 2017 zu. Aus der bis Mai ausgeübten Tätigkeit im P. floss der Klägerin aufgrund der dort vereinbarten Auszahlungsmodalität im Folgemonat (Juni 2017) ihr Arbeitsentgelt für Mai i. H. v. 459,68 € brutto und 407,65 € netto zu. Ferner wurde auf ihrem Konto das Entgelt für die ab Juni 2017 aufgenommene Tätigkeit bei der Q. erstmals am 29. Juni 2017 gutgeschrieben. Das Arbeitsentgelt von dort erhielt sie auch in den Folgemonaten Juli 2017 und August 2017 entsprechend der vereinbarten Auszahlungsmodalität am Ende des Monats in gleichbleibender Höhe von 687,38 € netto (869,28 € brutto). Der Kläger zu 2.) hatte monatliches Einkommen i. H. v. 309 € Unterhalt sowie 192 € Kindergeld.
Nachdem die Klägerin zu 1.) dem Beklagten die Kündigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses mit dem R. mitgeteilt und den mit der Q. ab Juni 2017 geschlossenen Arbeitsvertrag vorgelegt hatte, hob der Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2017 die zuvor mit Bescheid vom 7. Februar 2017 für den Zeitraum März bis August 2017 bewilligten Leistungen für den Zeitraum ab Juni 2017 auf. Mit weiterem Bescheid vom 12. Mai 2017 bewilligte er für den Zeitraum von Juni bis August 2017 vorläufige Leistungen, welche sich für die Klägerin zu 1.) auf 547,06 € für Juni und gemäß Änderungsbescheid vom 23. Juni 2017 auf 305,59 € für Juli und 358,98 € für August, für den Kläger zu 2.) auf 65,26 € für Juni und gemäß Änderungsbescheid vom 23. Juni 2017 auf 20,23 € für Juli und 40,10 € für August beliefen.
Nach Vorlage der Lohnabrechnungen entschied der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. November 2017 abschließend über die Leistungsansprüche der Kläger für den Bewilligungszeitraum von Juni bis August 2017 und setzte diese für die Klägerin zu 1.) auf 59,81 € für Juni, 308,85 € für Juli und 362,12 € für August, für den Kläger zu 2.) auf 7,14 € für Juni, 20,45 € für Juli und 40,44 € für August fest. Bei der Leistungsberechnung legte der Beklagte für Juni 2017 Unterkunftskosten i. H. v. 601 € (420 Grundmiete, 90 € Nebenkosten und 91 € Heizkosten), für...