Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. nachträglicher Wegfall des Zuschusses zur Krankenversicherung wegen rückwirkender Pflichtversicherung aufgrund rechtlicher Änderung. analoge Anwendung von § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 10. Rückforderung erbrachter Leistungen auch für die Vergangenheit
Leitsatz (amtlich)
Gewährt der Sozialleistungsträger einen Zuschuss zu Beitragsaufwendungen, dann ist dieser Zuschuss in entsprechender Anwendung des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB 10 auch für die Vergangenheit zurückzufordern, wenn nach Erlass des Bewilligungsbescheides die bezuschussten Beitragsaufwendungen weggefallen sind und der Zuschuss damit seinen Sinn verloren hat.
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. November 2007 wird geändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Erstattung bereits erbrachter Leistungen streitig.
Mit Rentenbescheid vom 28. Januar 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger anstelle der bisher seit Oktober 1999 bezogenen Altersrente für Schwerbehinderte nunmehr Regelaltersrente in Höhe von 1.230,94 €. Sie stellte fest, dass der Kläger zudem seit Rentenbeginn am 1. Januar 2002 Anspruch auf einen Beitragszuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung hat, sodass die monatliche Rente in Höhe von insgesamt 1.324,01 € zur Auszahlung gelangte.
Der Kläger führte einen Rechtsstreit gegen die Kaufmännische Krankenkasse (KKH). Gegenstand des seit März 2003 bei dem Sozialgericht (SG) Oldenburg anhängigen Rechtsstreits (Az: S 61 KR 46/03) war - zunächst - die Höhe der der Beitragsbemessung für freiwillig versicherte Mitglieder zugrundeliegenden Gesamtbezüge. Mit Urteil vom 18. Juni 2003 hat das SG Oldenburg die Klage abgewiesen. Im Verlauf des sich anschließenden Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG Nds-Bremen - Az: L 4 KR 167/03) hat die beklagte Krankenkasse - nachdem der 4. Senat mit Verfügung vom 3. Februar 2005 um entsprechende Prüfung gebeten hatte - mit Schriftsatz vom 15. März 2005 ausgeführt:
…
Herr Dr. H. erfüllt die notwendige Vorversicherungszeit für eine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab 01.04.2002.
…
Wir werden Herrn Dr. H. rückwirkend ab 01.04.2002 in der KVdR pflichtversichern. Seine freiwillige Versicherung wird mit dem Vortag am 31.03.2002 beendet.
Daraufhin erklärte der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt (Schriftsatz vom 21. März 2005). Die KKH erstattete dem Kläger die für den Zeitraum vom 01. April 2002 bis 31. März 2005 entrichteten freiwilligen Beiträge in Höhe von 17.169,71 € sodann im April 2005.
Anlässlich eines am 26. April 2005 verarbeiteten Meldesatzes zur Kranken- und Pflegeversicherung der KKH (Erstellungszeitpunkt: 12. April 2005) berechnete die Beklagte die bisherige Regelaltersrente beginnend ab 1. Juni 2005 unter Abzug von Beitragsanteilen zur Kranken- und Pflegeversicherung neu. Für die Zeit vom 1. April 2002 bis 31. Mai 2005 stellte sie eine Überzahlung in Höhe von insgesamt 7.687,22 € fest. Darin enthalten sind rückständige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 4.031,42 € sowie überzahlte Zuschüsse zur Kranken-/Pflegeversicherung in Höhe von 3.655,80 €.
Nach entsprechender Anhörung (Bescheid der Beklagten vom 28. April 2005, Anlage 10, Ergänzende Begründungen und Hinweise) hob die Beklagte mit Bescheid vom 23. Mai 2005 den Bescheid vom 28. Januar 2002 über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. April 2002 auf und stellte den vom Kläger zu erstattenden Betrag in Höhe von 3.655,80 € für die bis 31. Mai 2005 entstandene Überzahlung fest. Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, dass der Kläger auf Grund der Informationen der Krankenkasse bereits im Vorfeld hätte erkennen können, dass der Beitragszuschuss zur freiwilligen Versicherung nicht mehr bestehe, wenn die freiwillige Versicherung gegebenenfalls auch rückwirkend nicht mehr vorliege.
Die gegen die Bescheide der Beklagten vom 28. April 2005 und 23. Mai 2005 erhobenen Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 als unbegründet zurück. Der ab 1. April 2002 erfolgte Eintritt in die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung führe dazu, dass die bisher nicht geleisteten Anteile an den Beiträgen zur KVdR rückwirkend aus der Rente einzubehalten seien. Die ohne Rechtsgrundlage für die Zeit vom 1. April 2002 bis 31. Mai 2005 geleisteten Beitragszuschüsse würden zurückgefordert. Die Änderung der Verhältnisse sei ab 1. April 2002 eingetreten. Ein atypischer Fall, der eine Ermessensausübung erforderlich machen würde, liege nicht vo...