nicht rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Hannover (Entscheidung vom 27.07.2001; Aktenzeichen S 14 RA 2/01)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte Witwenrente für einen weiteren vergangenen Zeitraum - nicht nur 12 Kalendermonate, sondern knapp 60 Jahre rückwirkend - zahlen muss.

Die 1920 geborene Klägerin heiratete im Oktober 1939 den damaligen Wehrmachts-Berufsunteroffizier I. (im Folgenden: Versicherter). Bereits am 8. Dezember 1939 verunglückte der Versicherte im Zusammenhang mit der Ausübung des Wehrdienstes tödlich. Das Versorgungsamt J. zahlte der Klägerin aus diesem Anlass - bis zum Zusammenbruch des Deutschen Reiches - Witwengeld.

Nur drei Wochen nach dem Tod des Versicherten wurde die Klägerin am 29. Dezember 1939 von ihrer Tochter K. entbunden. Für diese zahlte das Reichsversicherungsamt als Rechtsvorgängerin der Beklagten Waisenrente (nach Angaben der Klägerin pro Monat 30 RM/DM).

Am 26. März 1949 ging die Klägerin ihre zweite Ehe (mit dem Kriminalsekretär L.) ein. Diese Ehe wurde am 27. April 1957 (aus überwiegendem Verschulden des Ehemannes) geschieden. Noch im Jahre der Scheidung stellte die Klägerin, die damals selbst erwerbstätig war und gegen ihren zweiten Ehemann keinen Unterhalt erstritten hatte, bei der Beklagten erstmals den Antrag, ihr Witwenrente nach dem Versicherten zu zahlen. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit dem Bescheid vom 29. Juli 1958 ab. Die Klägerin erfülle die Anspruchsvoraussetzungen deshalb nicht, weil sie vor der zweiten Eheschließung keine Witwenrente bezogen habe, die - mit der Wiederheirat - weggefallen wäre. Der Bescheid vom 29. Juli 1958 wurde bestandskräftig.

Im Jahre 1976 beantragte die Klägerin zum zweiten Male (nunmehr wieder aufgelebte) Witwenrente. Sie trug zusätzlich vor, nach dem Tod ihres ersten Ehemannes aus Unkenntnis keinen eigenen Antrag gestellt zu haben. Im Übrigen habe sie ja die Versorgungsbezüge aus dem Soldatenverhältnis erhalten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit ihrem Bescheid vom 19. November 1976 wiederum ab. Sie begründete die Ablehnung ergänzend damit, das Fehlen eines zum Wiederaufleben geeigneten Anspruchs auf ursprüngliche Witwenrente sei auch aus dem für die Klägerin damals geltenden Westberliner Sonderrecht abzuleiten. Für Witwen habe in der Zeit von Februar 1949 bis März 1952, also auch im Zeitpunkt der Wiederheirat der Klägerin, Anspruch auf Witwenrente lediglich bei Erwerbsunfähigkeit, Vollendung des 60. Lebensjahres, Erziehung von mindestens drei waisenrentenberechtigten Kindern oder Erziehung von mindestens zwei waisenrentenberechtigten Kindern unter 6 Jahren bestanden. Widerspruch und die sich anschließende Klage vor dem Sozialgericht (SG) Hannover hatten keinen Erfolg. Das klagabweisende Urteil des SG vom 17. März 1978 ist rechtskräftig geworden.

Am 7. Juli 1999 und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem mit dem Rentenreformgesetz 1992 (vom 18. Dezember 1989, Bundesgesetzblatt I Seite 2261) das Erfordernis entfallen war, bei Wiederheirat einen Anspruch auf Witwenrente gehabt zu haben, stellte die Klägerin den zum vorliegenden Verfahren führenden dritten Witwenrentenantrag. Die Beklagte ermittelte 69 Kalendermonate mit Beitrags-, Kindererziehungs- und Ersatzzeiten des Versicherten. Sie bewilligte der Klägerin mit dem Bescheid vom 29. Dezember 1999 große Witwenrente (nach dem vorletzten Ehegatten), und zwar rückwirkend für die Zeit ab dem 1. Juli 1998 (Zahlbetrag ab dem 1. Februar 2000 monatlich 150,94 DM).

Die Klägerin widersprach teilweise und verlangte die Rente weiter rückwirkend bereits für die Zeit ab dem Tod des Versicherten - die zweite Ehezeit ausgenommen -. Die Beklagte wies den Widerspruch durch ihren Widerspruchsbescheid vom 28. November 2000 zurück. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich bestimmt, die Witwenrente längstens für ein Jahr rückwirkend vor dem Datum der Antragstellung zu gewähren. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Überprüfung der in den Jahren 1958 und 1976 erlassenen Ablehnungsbescheide.

Dagegen hat die Klägerin am 2. Januar 2001 Klage zum Sozialgericht (SG) Hannover erhoben. Sie hat geltend gemacht, sie müsse so gestellt werden wie sie stünde, wenn die Beklagte bzw deren Rechtsvorgängerin in den Jahren 1939/40, 1957 bzw 1976 den ihnen obliegenden Beratungspflichten nachgekommen wären. Bereits bei Stellung des Antrages auf Halbwaisenrente für die Tochter Brigitte habe der aufnehmende Beamte fragen müssen, ob nicht auch ein Antrag auf Witwenrente gestellt werden solle. Bei den späteren Antragstellungen habe die Hinweispflicht dahin gehen müssen, die Rentenberechtigung bereits in den Jahren von 1939 bis zur Eingehung der zweiten Ehe nachträglich feststellen zu lassen. Einzelheiten der Stellung der Anträge, insbesondere des Antrages auf Halbwaisenrente, seien ihr, der Klägerin, nicht mehr erinnerlich.

Das SG hat die Klage durch das Urteil vom 27. Juli 2001 abgewiesen. Es hat zur Begründung zunächst auf die - bereits erwähnte -...

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