Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassen≪zahn≫ärztliche Vereinigung. Honorarverteilungsmaßstab. Erteilung eines einheitlichen Jahreshonorarbescheides für eine fortbestehende Gemeinschaftspraxis auch bei Änderung des Mitgliederbestandes. Rechtmäßigkeit einer Honorarverteilung nach Einzelleistungspunktwerten mit der Verteilung einer Restvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen hat einer fortbestehenden Gemeinschaftspraxis auch dann einen einheitlichen Jahreshonorarbescheid zu erteilen, wenn sich im Verlauf des Jahres der Mitgliederbestand der entsprechenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ändert. Dies hat zur Folge, dass der GbR auch ein ggf vorliegender quartalsübergreifender Budgetausgleich zugute kommt.

 

Orientierungssatz

Eine Honorarverteilung, die eine Honorierung nach Einzelleistungspunktwerten mit der Verteilung einer so genannten Restvergütung unter Anwendung einer nur geringen Honorierungsquote kombiniert, steht mit höherrangigem Recht - insbesondere § 85 Abs 4 SGB 5 - in Übereinstimmung (vgl BSG vom 8.2.2006 - B 6 KA 25/05 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 23 und LSG Celle-Bremen vom 25.6.2008 - L 3 KA 166/06).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.10.2011; Aktenzeichen B 6 KA 22/10 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 18. Juli 2007 geändert.

Die Honorarbescheide vom 23. März 2004 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. bzw vom 24. Mai 2004 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Beigeladenen für das Jahr 2003 ein Honorar in Höhe von 465.272,77 Euro festzusetzen und deren Honorarkonto den sich hieraus ergebenden Zusatzbetrag von 7.266,43 Euro gutzuschreiben.

Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Kläger zu 6/7 und die Beklagte zu 1/7. Die Kosten des zweiten Rechtszugs trägt die Beklagte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst trägt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um höheres vertragszahnärztliches Honorar für das Jahr 2003.

Die vier Kläger sind Zahnärzte und nehmen an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Im Quartal I/2003 waren die Kläger zu 1., 2. und 4. in einer Gemeinschaftspraxis in I. (mit der Abrechnungsnummer 8.429) tätig, der vom Zulassungsausschuss die Genehmigung nach § 33 Abs. 2 Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (Zahnärzte-ZV, in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung) erteilt worden war. Der über die Gemeinschaftspraxis abgeschlossene Gesellschaftsvertrag vom 20. Februar 2001 enthielt unter § 30 (Abs 2) die Vereinbarung, bei einer Kündigung durch die Klägerin zu 2. oder den Kläger zu 4. scheide der jeweils Kündigende aus der Gesellschaft aus; diese werde dann ohne Auflösung durch die verbliebenen Gesellschafter mit allen Aktiva und Passiva fortgeführt.

Ende des Quartals verließ der Kläger zu 4. die Gemeinschaftspraxis, während die Kläger zu 1. und 2. dort tätig blieben. Unter dem 4. Februar 2003 ("Betreff: Auflösung der Gemeinschaftspraxis 8.429") teilten die drei Zahnärzte der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) mit, dass - wenn möglich - ein Kollege in die Gemeinschaftspraxis eintrete, ansonsten diese mit vorerst nur zwei Partnern fortgeführt werde. Die Beklagte wertete diese Änderung als Auflösung der bisherigen Gemeinschaftspraxis und erteilte den beiden anderen Zahnärzten eine neue gemeinsame Abrechnungsnummer (10.791).

Am 26. August 2003 schlossen die Kläger zu 1., 2. und 3. einen Vertrag, wonach die Klägerin zu 3. in die seit März 2001 bestehende Gemeinschaftspraxis eintrat. Eine Erklärung über den Betrieb einer Gemeinschaftspraxis ab 1. Oktober 2003 bzw eine "Niederlassungsmeldung" der drei Zahnärzte über eine "Praxisaufnahme am 01. 10. 2003" leitete die Beklagte dem Zulassungsausschuss zu, der die Ausübung der Gemeinschaftspraxis mit Beschluss vom 17. September genehmigte. Ab Quartal IV/2003 arbeiteten die Kläger zu 1., 2. und 3. zusammen. Die Beklagte erteilte ihnen wiederum eine neue Abrechnungsnummer (11.283).

Der für 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten sah für konservierend-chirurgische, Kieferbruch- und Parodontopathie-Leistungen (im Folgenden: KCH-Leistungen), Zahnersatzleistungen sowie - anteilig - kieferorthopädische Leistungen eine getrennte Verteilung auf Grund zahnarztbezogener Budgets vor. Dabei wurden jeweils Jahresbudgets gebildet, die für jeden Vertragszahnarzt mit 120.500,00 Euro für KCH-Leistungen und 36.500,00 Euro für Zahnersatzleistungen gleich hoch bemessen waren. Bis zu dieser Grenze sollten die Leistungen jedes Vertragszahnarztes nach Einzelleistungspunktwerten vergütet werden. Darüber hinaus erbrachte Leistungen sollten in der Weise honoriert werden, dass die noch nicht verteilte Gesamtvergütung ins Verhältnis zu der Anzahl der die genannten Sockelbeträge überschreitenden Zahnärzte gesetzt werden sollte; innerhalb der durch diesen Quotienten definierten Grenze (erhöhter Sockelbetrag) erfolgte wiederum eine Vergütung nach Einzelleistungspunktwer...

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