nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Osnabrück (Entscheidung vom 21.03.2000; Aktenzeichen S 4 AL 561/97) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Osnabrück vom 21. März 2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 13. Mai 1996 bis zum 26. März 1997. In dieser Zeit befand der Kläger sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt (JVA) J ... Streitig ist die Frage, ob der Kläger für diesen Zeitraum den Freigängerstatus besaß, der ihm die Ausübung eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt erlaubte.
Der im April 1952 geborene Kläger war vom 1. Mai 1993 bis 3. September 1993 und vom 29. November 1993 bis zum 31. Januar 1995 beitragspflichtig beschäftigt gewesen. Durch rechtskräftiges Urteil vom 3. November 1994 des Landgerichts K. wurde der Kläger mit einem Strafmaß von 4 Jahren und 6 Monaten belegt. Die Strafhaft trat der Kläger am 10. Februar 1995 an. Zwischen dem 4. Juli 1995 und dem 2. Mai 1996 leistete er zeitweise beitragspflichtige Außenarbeit. Am 24. September 1997 wurde er aus der Strafhaft entlassen.
Nachdem der Kläger dem offenen Vollzug zugeführt worden war, begehrte er (Antrag vom 20. März 1996) im Wege des Freigangs bei seiner früheren Beschäftigungsfirma tätig werden zu können (Firma L. GmbH, M. N.). Auf der Freigängerkonferenz vom 2. Mai 1996 wurde beschlossen, dass der Gefangene O. P. Freigänger werden könne, allerdings in einem gut zu kontrollierenden Betrieb, in einer nicht leitenden Position, in der die Distanz zum Firmeninhaber gewährleistet ist. In dem Vordruck lautet es weiterhin folgendermaßen:
"Der Strafgefangene P. wird auf die Warteliste der Freigänger im freien Beschäftigungsverhältnis gesetzt. Sobald von der JVA J. ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden kann und der Gefangene sich auch weiterhin bewährt, wird endgültig entschieden."
Wegen des Einsatzes bei der Firma L. erhielt der Kläger folgenden Bescheid vom 8. Mai 1996:
"Gemäß Vollzugskonferenz vom 02.05.1996 kann der Gefangene als Freigänger gemäß § 39 StVollzG eingesetzt werden. Diese Tätigkeit muß allerdings kontrollierbar sein (Anwesenheit und inhaltlich). Des weiteren muß das notwendige Maß an Distanz zu den Entscheidungsträgern der Firma vorliegen. Auch soll der Gefangene nicht an einer verantwortungsvollen Aufgabe in einer Verwaltung eingesetzt werden, da dort die Arbeit nicht ausreichend kontrollierbar ist. Diese Kontrollpflicht des Justizvollzuges ergibt sich aus § 39 (1) StVollzG.
Aus diesem Grund wird eine Arbeit bei der Firma N. abgelehnt, da überwiegende Gründe des Vollzuges dem entgegenstehen. Die Anstalt würde durch diese Tätigkeit in größere und nicht zu bewältigende Schwierigkeiten geraten, da der Justizvollzug vor unlösbaren Kontrollpflichten stände (vgl. Kommentar zum StVollzG Schwind/Böhm zu § 39 Rdnr. 7).
Diese unlösbaren Kontrollpflichten liegen insbesondere in der inhaltlichen Kontrolle der Arbeit des Gefangenen bei der Firma N ... Somit wird ein Arbeitseinsatz bei der Firma N. abgelehnt."
Gegen diesen Bescheid nahm der Kläger Rechtsschutz bei der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts K. beim Amtsgericht Q. in Anspruch. Die JVA J. nahm dazu mit Schriftsatz vom 10. Juni 1996 folgendermaßen Stellung:
"Mit Antrag vom 20.03.1996 begehrte der Gefangene O. P. den Einsatz als Freigänger. Mit gleichem Antrag äußerte der Gefangene den Wunsch, bei der Firma L. eingesetzt zu werden (Anlg. 1).
Mit Bescheid vom 08.05.1996 wurde dieser Antrag teilweise genehmigt. Der Gefangene erhielt die Erlaubnis, Freigänger gemäß § 39 StVollzG zu werden. Abgelehnt wurde indes das Begehren des Gefangenen, bei der Firma N. R. GmbH eingesetzt zu werden (Bescheid liegt im Vorgang unter Blatt 6 vor). Grundlage dieser Entscheidung war das Ergebnis der Vollzugskonferenz vom 02.05.1996 (Anlg. 2).
Nachdem der Gefangene die Erlaubnis zum Freigang erhalten hatte, war somit zu prüfen, ob der Gefangene bei der Firma N. eingesetzt werden kann."
Aufgrund der Entscheidung und der Äußerung der JVA J. sah der Kläger sich als Freigänger an und begehrte mit Antrag vom 13. Mai 1996 die Gewährung von Alg. Der ausgefüllte Antragsvordruck gelangte am 14. Mai 1997 zur Akte der Beklagten. Zu dem Antrag nahm die JVA J. mit Schreiben vom 6. Juni 1997 in der Weise Stellung, dass am 2. Mai 1996 nur beschlossen worden sei, den Kläger auf die Warteliste für die Strafgefangenen zu nehmen, die für den Freigang gemäß § 39 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) in Betracht kämen. Der Freigängerstatus würde erst am Tage der Arbeitsaufnahme erteilt.
Den aus Sicht der JVA J. offiziellen Freigängerstatus erhielt der Kläger am 27. März 1997. An diesem Tag erhielt er auch den Freigängerausweis, was dazu führte, dass die Beklagte ab diesem Datum Alg bzw ab 1. April 1997 Übergangsgeld (Übg) bewilligte, weil der Kläger ab diesem Datum an einer von der Beklagten finanzierten Fortbildungsmaßnahme teilnahm.
...