Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Einrichtungen zur Hilfe von Unglücksfällen bzw Rettungsdienstunternehmen. gesetzliche Beitragsfreiheit gem § 185 Abs 2 S 1 iVm § 128 Abs 1 Nr 6 SGB 7 auch für hauptamtlich entgeltlich Beschäftigte. zuständigkeitsbegründende Norm der Unfallversicherungsträger im Landesbereich. öffentliches Interesse

 

Leitsatz (amtlich)

Nicht nur für ehrenamtlich Tätige, sondern auch für hauptamtlich Beschäftigte, die in Einrichtungen zur Hilfe bei Unglückfällen tätig sind, sind gemäß § 185 Abs 2 S 1 iVm § 128 Abs 1 Nr 6 SGB 7 in der gesetzlichen Unfallversicherung Beiträge nicht zu erheben.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.01.2019; Aktenzeichen B 2 U 22/17 R)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 118.103,- Euro festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Beitragsbescheide für die Umlagejahre 2006 bis 2011, mit denen der Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung für die hauptamtlichen Beschäftigten im Bereich der Hilfeleistung in Unglücksfällen erhoben hat.

Der Kläger ist der Dachverband einer großen Wohlfahrtsorganisation mit derzeit 18 niedersächsischen Orts- und Kreisverbänden. Er ist sowohl im Bereich der Wohlfahrtspflege im Rahmen sozialer Dienste (zB ambulante Pflege) als auch in Einrichtungen zur Hilfeleistung (zB Rettungsdienste und Katastrophenschutz) tätig und erbringt seine Leistungen mit hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern.

Seit dem Jahr 2003 bestand ein grundsätzlicher Streit in Bezug auf die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers zwischen Hilfeleistungsunternehmen und Wohlfahrtsverbänden auf der einen und dem Beklagten sowie der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege (BGW) auf der anderen Seite. Zur Erarbeitung einer einvernehmlichen Lösung fanden mehrere Gesprächsrunden mit dem Beklagten statt. Am 21. Dezember 2006 schlossen die Beteiligten einen Vergleich zur Erledigung der Auseinandersetzungen um die Zuständigkeit für den ASB-Landesverband Niedersachsen eV. Dort heißt es in:

Ziffer 1

Ab dem 1. Januar 2006 sind die örtlich zuständigen Gemeinde-Unfallversicherungsverbände in Niedersachsen zuständig für die im Bereich der Hilfeleistung (zB Rettungsdienst, Katastrophenschutz) tätigen Personen des ASB Landesverbandes Niedersachsen eV.

Ziffer 3

In der Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft für Gesundheitswesen (BGW) verbleiben die ASB gemeinnützige Heimbetriebsgesellschaft mbH B..., die ASB gemeinnützige Heimbetriebsgesellschaft mbH R... sowie bezüglich des ASB Landesverbanden Niedersachen eV die nicht zur Hilfeleistung zählenden Bereiche (zB soziale Dienste).

In einem an den Kläger gerichteten Anschreiben (ohne Datum) zum Vergleich kündigte der Beklagte an, dass der Kläger für die hauptamtlich Beschäftigten gemäß § 25 der Verbandssatzung ab dem 1. Januar 2006 zu Beiträgen zur Unfallversicherung herangezogen werde.

Im Schreiben vom 1. Februar 2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass der Braunschweiger Gemeinde-Unfallversicherungsverband in seinem Zuständigkeitsbezirk seit dem 1. Januar 2006 auch für die hauptamtlich Beschäftigten der zuständige Unfallversicherungsträger sei (in Ausführung des zwischen den niedersächsischen GUVe, der BGW und dem ASB Landesverband eV geschlossenen Vergleichs). Für die hauptamtlich Beschäftigten werde der Kläger gemäß § 25 der Verbandssatzung ab dem 1. Januar 2006 zu Beiträgen zur Unfallversicherung herangezogen. Mit Beitragsbescheiden vom 23. März 2007 erhob der Beklagte je Versicherten einen Beitragssatz von 103,69 Euro, sodass sich für die Umlagejahre 2006 und 2007 auf der Grundlage einer Versichertenzahl von 230 Beiträge von jeweils 23.848,70 Euro errechneten. Mit Bescheid vom 28. April 2008 setzte der Beklagte den Beitrag für das Jahr 2008 bei 244 Versicherten auf 25.330,36 Euro fest, für 2009 bei einer Versichertenzahl von 301 auf 31.210,69 Euro (Bescheid vom 12. März 2009) und für 2010 mit Bescheid vom 11. März 2010 bei 297 Versicherten auf 30.795,93 Euro fest.

Im Dezember 2009 wurde die Vereinbarung über die Anwendung eines gemeinsamen Auslegungskatalogs zur Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der öffentlichen und gewerblichen Unfallversicherung für die Einrichtungen von Johanniter-Unfall-Hilfe und Malteser Hilfsdienst geschlossen für die Zeit ab 1. Oktober 2010. Dort wird die Zuständigkeit des Beklagten für den Katastrophenschutz (Ziffer 4.1) sowie den Rettungs- und Sanitätsdienst (Ziffer 4.2) geregelt. Im Rundschreiben des DGUV 006/2010 vom 5. Januar 2010 zum gemeinsamen Auslegungskatalog mit der Johanniter-Unfall-Hilfe eV und dem Malteser Hilfsdienst eV wurde mitgeteilt, dass sich das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 28. November 2006 (B 2 U 33/05 R) mit der Abgrenzung der Zuständigkeiten für Unternehmen der Wohlfahrtspflege einerseits und Einrichtungen zur ...

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